Medisches und persisches Sprachgut bei Herodot Von Rüdiges Schmitt, Saarbrücken
Medisches und persisches Sprachgut bei Herodot Von Rüdiges Schmitt, Saarbrücken 0. Angesichts des geringen Umfanges erhaltener Texte aus altirani- Bcher Zeit war man von Anfang an um eine Mehrung des verfügbaren Materials durch Berücksichtigung des indirekt, in anderen Quellen Be¬ zeugten bestrebt^. Iranisches Sprachgut findet sich bekanntlich in reichem Maße in akkadischen und elamischen Keilschrifttexten, im Aramäischen als der Verwaltungssprache des Achaimenidenreiches ('Reichsaramäisch')* und bei griechischen Schriftstellern seit Aischylos und Herodot. Eine umfassende und kritische Sammlung, Erschließung und Sichtung dieser 'Nebenüberlieferung' ist eines der dringlichsten Erfordernisse der Altiranistik. Für die keilschriftliche ÜberUeferung hat Wilhelm Eilebs in seiner Abhandlung über die Iranische{n) Beamten- namen^ Bahnbrechendes geleistet; eine systematische Aufarbeitung des Materials, das uns griechische Quellen bereitstellen, fehlt bislang. Eine Vorarbeit und Anregung zu solcher Untersuchung, die vor allem auch genau auf chronologische und geographische Unterschiede zu achten hätte, d.h. für jeden Schriftsteller gesondert durchzuführen wäre, wUl diese Studie sein, die ausschließlich das medische und persische Sprach¬ gut in den *I<TTopiai des Herodot untersucht. 1.0. Ausgewertet Avurden für diese Zwecke sämtliche iranischen Eigen¬ namen, geographischen Namen und Appellativa — unter Ausschluß des Skythischen —, die eine Durchsicht des Herodotlexikons* ergab. Nichtiranische Namen wurden in solchen Fällen herangezogen, wo sich iranische Vermittlung nach Griechenland erweisen läßt. 1.1. Bei der Umsetzung der von Herodot überUeferten Namen in die zugrunde liegende iranische Namensform spielen hauptsächlich etymo¬ logische Erwägungen eine RoUe. Zur Gewinnung einer sicheren Aus¬ gangsbasis gehen wir von den Namen aus, deren originale iranische Laut¬ form auf den altpersischen Achaimenideninschriften belegt ist; auf¬ grund dieser Vergleichungen vermögen wir eine Tabelle der griecliischen Entsprechungen altiranischer Lautwerte aufzustellen. 1 Die Rolle, die Herodot bei der Entzifferung der altpersisohen Keilschrift durch Geobg Fbiedbich Gbotefend spielte, ist hinlänglich bekannt; cf. zuletzt Ernst Doblhopeb, „Herodot — abermals ,Vater der Geschichte' ", Gymnasium 71, 1964, 434—441. * Zu diesem von Josef Mabkwabt geprägten Begriff of. besonders Schae¬ deb, p. 1—6. * Eilebs 5, passim. * J. Enoch Powell, A Lexicon to Herodotm, Hildesheim '1960. 120 RÜDIGER Schmitt 1.2. Mit Sicherheit können wir die folgenden herodotisehen Namens- formen in das Altpersische oder Medische transponieren, deren Äqui¬ valente auf den Achaimenideninschriften belegt sind : 1.2.1. Personennamen: 'Apiapa[i.vi(;<; = Ariyäramna^ ; 'Apoa[x>)c = ArSäma ,, Kraft eines Helden habend"»; 'ApTo^^p^Tr)? = ArtaxSt^a (wohl) ,,das Arta zur Herrschaft habend"^; 'AtTTta&tvT)? = (med.) Aspaöanä ,,an Pferden Gefallen fin¬ dend"; 'A)^ai[ji£vY](; (mit 'Axai(i.ev(87)<;) = HazämaniS (mit Haxämani- äiya) „Freundessinn habend"*; raißpijT)!;» = Oavißruva}"; Aäpeio? = DärayavauS ,,das Gute festhaltend"^»; 'IvTa9p£v7)<;i* = (med.) Vi^da- *Zur Etymologie cf. Justi, p. 25 b; Bartholomae, Sp. 199; Stone- ciPHER, p. 19; Kent, p. 170a; Zgusta, p. 274. • Zum herodotisehen Paradigma cf. Ros^n, p. 71. ' In der handschriftlichen Überliefenmg Herodots nur schwach bezeugt ist die Variante 'ApTa^lp^Tii;. Die geläufige Form zeigt den normalen griechi¬ schen Kompositionsfugenvokal. — Die griechische Form ist volksetymolo¬ gisch umgestaltet nach S^p^T)? (cf. Schulze, p. 219=273; Kretschmer, p. 141; Markwabt; Eilers 3, p. 413*) aus einem älteren 'ApTa^ioov)?, das nur eine Inschrift aus Tralleis bietet: diese galt zwar früher als Fälschung, doch abgesehen davon, daß dem Fälscher die Erfindung einer Form 'Apra- liooY)? ohne jeglichen Anhalt nicht zuzumuten ist (cf. Kretschmer, p. 140f. ; Schulze, p. 273*), zumal — oo— durch die lydische Form Artakäassa- ge¬ stützt werden kann (cf. zuletzt Roberto Gusmani, Lydisches Wörterbuch, Heidelberg 1964, p. 62), dürfen wir uns heute dem Urteil eines Fachmannes wie Louis Robert anschließen, der meinte: „il n'est pas douteux que ce n'est pas un faux moderne" (CoUection Froehner. I. Inscriptions Orecques, publikes par Loms Robert, Paris 1936, p. 144). ' Die griechische Form widerspricht mit -ai- der anderen 'Nebenüber¬ lieferung': akkad. "'A-ha-Tna-ni-ii-\ elam. Ha-ak-ka-rtum-nu-iS. Sie beruht wohl auf volksetymologischer Umgestaltung unter dem Einfluß von Heroen¬ namen wie 'AXftat-, 'löat-, HuXat-, TaXai-jx^vr,? (cf. Fick, p. 312; Hüsing, p. 129; Willy Foy, „Beiträge zur Erklärung der altpersischen Achaemeni¬ deninschriften", KZ 37, 1904, 504; Georg Hüsing, „Die Namen der Könige von Anöan", OLZ 11, 1908, 318). Fick, l.c. erinnert auch an 'Axaiö? und 'Axaio(, eine Verbindung, die schon Nikolaos von Damaskus vermutet hatte (cf. Etymologicon Magnum 180, 43 ff.). Jedenfalls muß ein Zusammenhang mit der Stammform des iranischen Wortes ('hysterodynamischer' i-Stamm) geleugnet werden, den z. B. auch noch Jacobsohn, p. 262" vermutete. ' Nahezu durchgehend findet sich die varia lectio roßpuY]?. 1» Die Lesimg des Namens hängt von der unklaren Etymologie ab. zu der man JusTi, p. 112a; Willy Foy, „Altpersisches und Neuelamisches", ZDMO 54, 1900, 360; Ferdinand Justi, Anzeige von Babtholomae, IF Anzeiger 17, 1905, III ; Stonecipheb, p. 35; Kent, p. 182b; Bbandenstein- Mayrhofer, p. 121 vergleiche. Diese herodotische Form ist eine haplologische Verkürzung für Aäpei- aio?, das bei Xenophon und Ktesias bezeugt ist, wie ja Wortverkürzungen „ein häufiges Merkmal griechischer Namenswiedergaben" sind (Eilers 9, Medisches und persisches Sprachgut bei Herodot 121 farm „Ruhm findend"; Kap.ßti(n)? = Ka"'bäfiya^^; Kua^ap?)? = (med.) UvaxS^ra^* ; KOpoc = KuruS^^; Map86vio<; = Marduniya^^ ; Meydcßu^o?»' = BagabuxSa „von Gott erlöst"**; Slp^7]i;i" = XSayärSä „über Helden herrschend"*"; 'OxavY)? = Utäna „mit guter Nachkommenschaft"; S[x£p8t(;** = Brdiya^^; Ttcno)?** = ÖiSpiS^; TpiTavTai^p-T)?** = Öifa»- p. 130). Auch die aramäischen Wiedergaben des Namens zeigen oft ver¬ kürzte Formen: drywhwä, dryhwä, drywi. Die Namen auf med.-altpers. -farnah- zeigen im Griechischen meist volksetymologische Umgestaltung zu -fpiw)? (s. unten 6.2.), wenngleich sich -ifipvriz auch noch als handschriftliche Variante findet. '3 Die Etymologie (imd damit die Lesung) des Namens ist strittig : cf. zuletzt — ohne Entscheid — Rent, p. 179a und BRANDENSTEDf-MAYB- HOFER, p. 128 mit weiterer Literatur, seitdem Eilers 11, p. 212f. " Die griechische Form spiegelt, wie Schulze, p. 222=276 nachwies, ein Hypokoristikon Uvaxiara wider, das in Kleinasien für den Namen Uvax- i'iflra aufgekommen war (cf. die lykische Münzaufschrift wekssere 189 a Friedrich). Fiok, p. 310 erwägt demgegenüber auch Einfluß der griechi¬ schen -dtpTje-Namen auf den iranischen Namen, dessen Etymologie (und Lesung) unsicher ist. Wahrscheinlich aber ist Uvaxitra zu lesen, das nach Herzfbld, p. 209—216 „mit guter Aufsicht" heißt (cf. Brandenstein- Mayrhofbb, p. 149 mit Literatur; anders Justi, p. 140a; Bartholomae, Sp. 1836; Kent, p. 177a; Eilers 2, p. 174°). Hermann Mpttelberger, „Zum Altpersischen", Sprache 11, 1965, 117 will aufgrund der griechischen Wiedergabe wieder Uvaxäi'^ra- lesen, was mir deshalb unstatthaft erscheint, weil die griechische Form ja durch das hypokoristische Suffix abweicht. ^' Zu diesem Namen cf. zuletzt die ausführliche Behandlung von Eilers 11. — Griech. -0- wird volksetymologischer Anlehnung an jcüpio? und seine Sippe verdankt; cf. schon Fick, p. 312. 16 Zur Etymologie dieses Namens cf. zuletzt Maybhofeb, p. 80f. und Beandenstein-Maybhofeb, p. 132 (mit älterer Literatur). " In den Handschriften (und danach in den Editionen) finden sieh neben¬ einander -ßu^oe und -ßu^oc, letzteres in der Mehrzahl der Fälle im Lauren- tianxis (Hude: A); cf. dazu ausführlich Wackebnagel, p. 462f. = 1212f. Daß MeyÄßuSoe die richtige Form ist. bestätigen außer der altiranischen Ausgangsform inschriftliche Belege. Die Form mit Zeta verdankt ihre Ent¬ stehung wohl Einflüssen seitens des häufigen Namens Mrfaßa^os; be¬ kanntlich wurden aber ^ und ^ häufig verwechselt : cf. Eilebs 5, p. 79 mit Anm. 3. Zur volksetymologischen Wiedergabe fieya- cf. unten 6.2. 1' Das Schwanken in der Deklination (Akk. -tiv : -ca) steht in größerem Zusammenhang und wird von RosiiN, p. 73f. aus satzphonetischen Gegeben¬ heiten erklärt. *° Unsichere Spuren der eigentlich erwarteten Form *Scp(n)i; (-^- wohl durch Assimilation entstanden) verfolgte Kbetschmeb, p. 141—146. — S^p^T)? < *E-)f)p5'»lS < *Säp^äs nach der communis opinio (cf. Schwyzeb, p. 153); weitere Entwicklung aus *XSaria < *XSaarSa < *XäayarSa ver¬ mutet Chbistian Babtholomae, „Arica. X", IF 9, 1898, 266'; „Wortver¬ kürzung" nimmt Eilebs 9, p. 130 an. ** Die (übliche) griechische Namensform Dji^pStc — woneben z. B. MApSo? bei Aischylos, Persai 774 — hat, wie schon Justi, p. 63 b, sah, das 2- von 122 Rüdiger Schmitt taxrm „die Herkunft tüchtig"*« ; 'TSapw)? = Vidama"; 'Toraann)? = (med.) ViStäspa (wohl) „mit angeschirrten Rossen"**; Opaopr»}? = (med.) FravartiS^*. 1.2.2. Gottesname: Mirpa = (med.) Midra^. 1.2.3. Flußnamen: Eu9pY)T7)(;*i = UfrätuS^; 'IvSo? (mit 'IvSoi, 'IvSixo?) = iff»»itt§ (als Provmzname; mit HiHuyaf^; Tiypy)?** = Tigrä^. dem griechischen Namen S(i£p8i(; bezogen, der schon im 7. Jahrhundert für Mytilene bezeugt ist (cf. Friedrich Bechtel, Die historischen Personen¬ namen des Griechischen, Halle 1917, p. 403). 22 Brdiya ist die Kurzform eines zweigliedrigen Namens mit dem Vorder- gUed *brdi- „hoch" = avest. bdrazi- (cf. Il(jiepSo(x£v7)?). 23 Diese Form der stirps Bomana verdient als lectio difficilior den Vorzug ; TeiCTTn)? ist den Namen mit Teto-, Teiot- angeglichen. — Daneben gibt es die Form T^aoTtts bei Herodot 4, 43, 1; 7, 79; 9, 76, 1 (die Hüsing, p. 128 für eine Verschreibung hält). Volksetymologischer Anschluß an griech. dtoTtt? „Schild" ist wegen der Deklination ausgeschlossen. 2* Zu diesem Namen cf. zuletzt Eilers 11, p. 205f. 25 Die griechische Form TptTavratxiiT)? ist gemäß Fick, p. 312 aus ♦TiTpavrix!'''!? nach Tptxos und den Namen auf -aixiii]? umgeformt und spiegelt letztlich (wie akkad. '"Si-tir-an-tah-mu) wegen -rp- < -dr- eine echtmedische Form wider (Emile Benveniste, „Persica II", BSL 31, 1931, 79; Meillet-Benveniste, p. 30; Eilers 3, p. 416^) imd nicht die teilweise ins Persische umgesetzte der Achaimenideninschriften (cf. Benvenistb, I.e.). — Die Antizipation der Liquida (Tpira- < *TiTpa-) findet sieh auch in uploads/Geographie/ medisches-und-persisches-sprachgut-bei-herodot.pdf
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