physics/9807012 v2 6 Jul 1998 Louis de Broglie und die Quantenmechanik Henning

physics/9807012 v2 6 Jul 1998 Louis de Broglie und die Quantenmechanik Henning Sievers Theoretische Kernphysik, Universität Hamburg Luruper Chaussee 149, D - 22761 Hamburg Hamburg, den 17. Dezember 1997 Abstract In 1923 Louis de Broglie (1892-1987) discovered the material waves and six years later received for this discovery the Nobel price. Apart these well known fact this French physicist nevertheless seems to have been forgotten. Details of his life are as unknown as his efforts to describe quantum mechanics in a deterministic and objective way. Especially the actual discussion concerning the interpretation of quantum mechanics seems to justify a deeper occupation with the scientific work of Louis de Broglie. In this context the important influence of Albert Einstein is of special interest; for his photons announce the existence of material waves and it may surprise that Einstein himself did not postulate them. The basis of this short scientific biography are the publications of de Broglie (with a complete bibliography given at the end), some more or less short memories of his friends and pupils and some unpublished documents found in the Archives de l’Académie des Sciences at Paris. The original text of the correspondence between de Broglie and Einstein and some excerpts of his thesis are enclosed German translation in the appendix. Résumé En 1923 Louis de Broglie (1892-1987) a découvert l’onde de matière et il a reçu le prix Nobel six ans plus tard. A part de ces faits généralement connus, ce physicien français semble être oublié. Des détails concernant sa vie, vouée entièrement à la physique, sont aussi peu connus que ses essais d’une description déterministe et objective de la méchanique quantique. Surtout le débat actuel autour d’une interprétation nouvelle de la méchanique quantique justifie l’intérêt pour l’oeuvre scientifique de Louis de Broglie. Dans ce contexte, l’influence d’Albert Einstein est spécialement importante, d’autant plus que ses photons semblent annoncer l’existence de l’onde de matière. Il est presque étonnant qu’Einstein ne les aie pas postulée lui-même. La base de cette courte biographie scientifique sont les nombreuses publications de de Broglie (une bibliographie complète est donnée à la fin), quelques témoignages plus ou moins courtes des ses amis et élèves ainsi qu’un nombre de documents inédits trouvés dans les Archives de l’Académie des Sciences à Paris. Le texte original de la correspondance de Broglie-Einstein et des extraits de la thèse de doctorat sont joints en traduction allemande. Zusammenfassung Louis de Broglie (1892-1987) entdeckte 1923 die Materiewellen und erhielt für diesen Beitrag zur Entwicklung der modernen Physik sechs Jahre später den Nobelpreis. Über diese weithin bekannten Fakten hinaus scheint der geniale französische Physiker jedoch in Vergessenheit geraten zu sein: Details seines ganz der Physik geweihten Lebens sind ebenso unbekannt wie seine lebenslangen Bemühungen um eine deterministische und objektive Darstellung der durch die Quantenmechanik beschriebenen Effekte. Gerade die in den letzten Jahren neu entfachte Debatte um die Interpretation der Quantenmechanik rechtfertigt jedoch eine eingehendere Beschäftigung mit dem wissenschaftlichen Werk de Broglies. Dabei ist der prägende Einfluß Albert Einsteins von besonderem Interesse; zumal dessen Photonenhypothese die Existenz der Materiewellen so nahelegte, daß es fast erstaunen mag, daß Einstein diese nicht selbst postulierte. Grundlage dieser Arbeit sind die zahlreichen Veröffentlichungen de Broglies (eine vollständige Bibliographie findet sich am Ende), einige mehr oder weniger kurze Erinnerungen seiner Bekannten und Schüler sowie eine Anzahl unveröffentlichter Dokumente, die in den Archives de l’Académie des Sciences in Paris aufbewahrt werden. Der Originaltext der Korrespondenz de Broglie-Einstein und einiger Ausschnitte der Doktorarbeit ist in deutscher Übersetzung am Ende der Arbeit zu finden. Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand in Anschluß an ein Seminar „Methoden und Ziele der Physik“ an der Universität Hamburg, das von Prof. Dr. H. V. von Geramb geleitet wurde. Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit Louis de Broglie war die Fragestellung, warum A. Einstein, nach dem Aufstellen der Photonenhypothese, nicht selbst den doch so naheliegenden Teilchen-Welle-Dualismus postulierte. Sehr schnell zeigte sich zu unserem Erstaunen, daß Louis de Broglie weder in der physikalischen, noch in der wissenschaftsgeschichtlichen Fachliteratur besondere Beachtung findet. So entstand die Idee, mit dieser Arbeit einen kleinen Beitrag zur Aufarbeitung von Leben und Werk des französischen Physikers zu leisten. Die Beschäftigung mit seinen zahllosen Veröffentlichungen, mehrere Reisen nach Paris, Gespräche mit Schülern, unveröffentlichte Texte und persönliche Briefe halfen, das Bild dieser interessanten und schillernden Persönlichkeit abzurunden. Herzlich danken möchte ich Frau Dr. G. Boderseher aus Wien, deren Anregungen mir sehr wertvoll waren. Auch der Fondation Louis de Broglie in Paris und seinem Direktor Herrn Dr. G. Lochak sei für seine Kooperations- und Hilftsbereitschaft gedankt. Nicht zuletzt danke ich Herrn Prof. Dr. H. V. von Geramb für die hervorragende Betreuung. Hamburg im Dezember 1997. Inhaltsverzeichnis Einleitung.....................................................................................................................1 I Kindheit und Jugend (1892-1919)............................................................................4 I.1 Abstammung........................................................................................................4 I.2 Kinderjahre ..........................................................................................................5 I.3 Erste Ausbildung..................................................................................................6 I.4 Naturwissenschaftliche Ausbildung.......................................................................7 I.5 Militärdienst auf dem Eiffelturm ...........................................................................9 I.6 Zusammenfassung..............................................................................................10 II Jahre der Kreativität (1919-1927).........................................................................13 II.1 Kurzer historischer Überblick............................................................................13 II.2 Wiederaufnahme der wissenschaftlichen Tätigkeit .............................................18 II.3 Die drei Artikel von 1923 und die Doktorarbeit.................................................19 II.4 Weiterentwicklung der Ideen und deren Scheitern.............................................24 II.5 De Broglie und Einstein ....................................................................................29 III Jahre der Anpassung (1927-1951) .......................................................................34 III.1 Aktivitäten und Ehrungen................................................................................34 III.2 Forschungsrichtungen und Zweifel...................................................................36 IV Isolation (1951-1987) ............................................................................................38 IV.1 Rückkehr zu den alten Ideen............................................................................38 IV.2 Die letzten Lebensjahre....................................................................................42 IV.3 Die Debatte um die Quantenmechanik .............................................................42 Fazit............................................................................................................................47 Bibliographie..............................................................................................................49 Veröffentlichungen de Broglies................................................................................49 Abhandlungen und Artikel..............................................................................49 Bücher und Broschüren..................................................................................58 Wissenschaftsphilosophische Werke ...............................................................60 Akademische Vorträge und Notizen ...............................................................60 Vorträge und allgemeine Artikel.....................................................................61 Werke anderer Autoren ...........................................................................................66 Zur Biographie...............................................................................................66 Zur Materiewelle............................................................................................66 Zur Geschichte der Physik..............................................................................67 Zur Debatte um die Quantenmechanik............................................................67 Anhang.......................................................................................................................69 A.1 Auschnitte der Doktorarbeit in deutscher Übersetzung......................................69 A.2 Korrespondenz Louis de Broglie - Albert Einstein (1929-1954) ........................69 EINLEITUNG 1 Einleitung Louis de Broglie (1892-1987) entdeckte 1923 den Welle-Teilchen-Dualismus und legte damit einen Grundstein der modernen Physik. Als Nobelpreisträger von 1929 ist sein Name nach wie vor der physikalischen Fachwelt ein Begriff; über sein Leben und seine wissenschaftliche Tätigkeit, die bis in unsere unmittelbare Gegenwart hineinreicht, erfährt man jedoch selten mehr1 - weder in der englischsprachigen, noch in der deutschsprachigen Literatur und, was noch mehr erstaunt, auch in Frankreich scheint de Broglie weitgehend vergessen zu sein. Vor zehn Jahren starb der französische Physiker und so scheint dies ein guter Zeitpunkt zu sein, einmal nachzufragen, welche Persönlichkeit sich hinter der de Broglie- Wellenlänge verbirgt. Es soll aber neben der Erinnerung an den genialen Physiker in dieser Arbeit auch darum gehen, die enge Verbindung nachzuweisen, die zwischen dem Menschen Louis de Broglie und der Ausrichtung seiner Forschung bestand.2 Darüber hinaus möchte ich die zeitliche Veränderung seiner Forschungsinteressen mit der Entstehung und Weiterentwicklung der modernen Physik in Beziehung setzen, um so die wissenschaftsgeschichtliche Dimension des Schaffens von Louis de Broglie hervorzuheben. Erfreulicherweise steht für dieses Vorhaben hervorragendes, teilweise unbearbeitetes französischsprachiges Material zur Verfügung. Zu verdanken ist dies vor allem der Fondation Louis de Broglie, die 1973 anläßlich der 50. Kommemoration der Entdeckung der Materiewelle gegründet wurde. Ehemalige Mitarbeiter de Broglies haben sich hier zusammengeschlossen, um sein wissenschaftliches Erbe zu pflegen und um in seinem Sinne weiter zu forschen. Der Fondation Louis de Broglie ist es zu verdanken, daß handschriftliche Abhandlungen, autobiographische Aufsätze und Briefe de Broglies erhalten sind und in den Archives de l’Académie des Sciences in Paris aufbewahrt werden. Dieses Archiv, das Teil des Institut de France ist und zahllose, oft unveröffentlichte Schriften de Broglies beherbergt, ist auch eine wertvolle Quelle für diese Arbeit gewesen. Für den biographischen Aspekt dieser Arbeit waren mir zudem die Festschriften zum 60. [286], zum 80. [288] und 90. [290] Geburtstag hilfreich sowie eine Biographie von 1966 [285] und eine von 1992 [283] sowie Erinnerungen [287], Artikel und Gedenkreden (z.B. [280]-[282]) von Zeitgenossen de Broglies, die anläßlich seines Todes veröffentlicht wurden. Wiederum hat sich vor allem die Fondation Louis de Broglie, insbesondere Georges Lochak, um die Veröffentlichung des biographischen Materials bemüht. Für den wissenschaftlichen Werdegang de Broglies steht eine unüberschaubare Anzahl von Primärwerken zur Verfügung: de Broglie hat über 40 Bücher [150-192], hunderte von Aufsätzen, Vorlesungen, Vorträgen und Abhandlungen publiziert [1-149, 193-279]. 1 Die Erwähnung de Broglies in der Fachliteratur beschränkt sich auf kurze Darstellungen wie in [302, 303]. 2 Karl von Meyenn bezeichnet es als die Aufgabe wissenschaftlicher Biographien, nachzuweisen, daß Wissenschaft auch „charakteristische Züge ihrer Schöpfer trägt“. [312, S. 7]. EINLEITUNG 2 Zudem finden sich in den Festschriften zum 80., 90. und 100. [293]3 Geburtstag sowie in [294] zahlreiche Aufsätze zur wissenschaftlichen Arbeit de Broglies und deren Weiterentwicklung durch seine Schüler. Die Beschäftigung mit diesem Material ist jedoch nicht nur im französischen Sprachraum lücken- und mangelhaft: in der deutschen und englischen Literatur findet man praktisch keine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Biographie und der Forschung de Broglies. Tatsächlich reduziert sich hier das Interesse auf de Broglies Entdeckung der Materiewelle. Zu diesem Thema existiert eine längere Abhandlung von 1968 [291] und neben der obligatorischen Erwähnung seines Namens auf den ersten Seiten eines jeden Lehrbuchs zur Quantenmechanik gibt es einige kurze Zeitungsartikel anläßlich seines Todes.4 Zudem wurden einige seiner physikalischen und wissenschaftsphilosophischen Abhandlungen, namentlich zur Quantenmechanik in der Kopenhagener Deutung, in deutsche, z.T. englische Sprache5 übersetzt. Dieser kurze Überblick über das reichhaltige, aber noch kaum ausgewertete Quellenmaterial dürfte zeigen, daß es ein durchaus uploads/Science et Technologie/ sievers-h-louis-de-broglie-und-die-quantenmechanik-arxiv-1998-de-87s.pdf

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