Essener historische philosophische Gruppe im Judentum Als Essēner oder Essäer w
Essener historische philosophische Gruppe im Judentum Als Essēner oder Essäer wird eine nur literarisch belegte religiöse Gruppe im antiken Judentum vor der Zerstörung des zweiten Jerusalemer Tempels (70 n. Chr.) bezeichnet, deren wesentliche theologische Hauptmotive die ‚messianische Naherwartung‘ und die ‚Kritik am unreinen Tempelkult‘ in Jerusalem waren. Nach verschiedenen Angaben zeitgenössischer Autoren befolgten sie strenge, zum Teil asketische Lebensregeln. Außer diesen literarischen Zeugnissen gibt es keine Beweise ihrer Existenz. Die seit 1952 einflussreiche These, sie seien identisch oder verwandt mit den Bewohnern von Qumran („Qumran-Essener“) und den Herstellern und Autoren einiger oder aller Schriftrollen vom Toten Meer, wird heute aufgrund der Befunde relativiert oder bestritten.[1] Die Gruppierung wurde von Philon von Alexandria[2], Plinius dem Älteren[3] und Flavius Josephus[4] beschrieben[5]. Demnach war sie eine im 2. Jahrhundert v. Chr. entstandene jüdische Ordensgemeinschaft in Palästina, die eine Form des erhöhten Pharisäismus kultivierte, aber möglicherweise auch vom Parsismus, Pythagoreismus und vom Buddhismus beeinflusst worden war.[6] Neben den Essenern und der Qumran-Gruppierung wird noch die Gruppe der Nazoräer genannt, die den Essäern nahegestanden haben sollte. Die Essener können gewissermaßen als eine Vereinigung angesehen werden, die Ähnlichkeit zu den späterer Mönchsorden aufwies, die aber dem damaligen jüdischen Selbstverständnis nicht entsprach. Etymologie Herkunft und Bedeutung der Namen für die Gruppierung sind unbekannt. Einige Autoren vermuten, sie seien vom hebräischen Ausdruck (hebräisch ה ּתֹוָר ה ַ ש ה עֹוֵׂ oseh hatorah) „Täter der Tora“ abzuleiten. In den bei Qumran gefundenen Schriften fehlt dieser Ausdruck; dort, wo er bisweilen erscheint, ist er keiner besonderen Gruppe zugeordnet, da alle Juden die Tora zu befolgen hatten.[7] Andere vermuten eine Herkunft des Namens vom aramäischen hasin und dem hebräischen Äquivalent hasidim (Fromme), nehmen also eine Nähe der Essener zu den um 300 v. Chr. im Judentum aufgekommenen Hasidäern („Chassidim“) an.[8] Der Name „Essener“ kann etymologisch vom aramäischen (Aramäisch חזן ḥāzên „rein, heilig“) abgeleitet werden. Nach der in Qumran gefundenen Gemeinderegel (1QS) bezeichnete sich die dortige Gruppe selbst als „Einung“ (Aramäisch יחד jāḥad „Einung“). Auf Griechisch wurde diese Gruppe Essaioi (altgriechisch Ἐσσηνοί) oder Essenoi, auf Lateinisch Essei oder Esseni genannt. Der christliche Bischof Epiphanius von Salamis (315– 403) unterschied Jessaioi, samaritanische Essaioi und judäische Ossaioi voneinander. Die männlich dominierte Gruppierung der Essener lebte in der Vorstellung, zu den ‚letzten wahren Gläubigen ihrer Zeit‘ und somit auch den ‚letzten Gläubigen am Ende der Zeit‘ zu gehören. Zu ihrer Endzeitlehre gehörte unter anderem die Vorstellung von der Auferstehung des Fleisches[9]. Auch erwarteten sie einen welterschütternden Kampf zwischen den ‚Mächten des Guten‘ und den ‚Heeren des Bösen‘ als Vorzeichen der Endzeitkatastrophe. Novizen, die der Gemeinschaft beitreten wollten, mussten vor den Angehörigen der Gemeinschaft einen Eid schwören, dass sie die Gottheit ehrten, ihre Pflichten gegenüber den Menschen erfüllen würden, dass sie niemanden, ob aus eigenem Antrieb oder auf Befehl hin Schaden zufügten, stets die Ungerechten hassten und den Gerechten beistünden, sowie Treue gegen jedermann und besonders gegenüber den Ranghöheren üben wollten. Ein zentraler Sachverhalt ihres streng festgelegten Alltagslebens waren die täglichen Waschungen[10], die wahrscheinlich auf der Mikwe basierten, ein tägliches Kultmahl und die genau festgelegte soziale Rangordnung waren ferner charakteristisch. Die Mitglieder brachten ihr persönliches Eigentum in den Besitz der Gruppe ein; alle Güter wurden geteilt. Die Gruppierungen lebten fern größerer urbaner Ansiedlungen. Sie trugen weiße Kleidung und waren sexuell aversiv eingestellt; sie lehnten den intimen körperlichen Umgang mit Frauen ab. Sie sollen Randgruppen, etwa Arme und Invaliden aus ihrer Gruppierung ausgesondert haben: „Jeder, der an seinem Fleisch geschlagen, ein an Füßen oder Händen Gelähmter, oder Lebensweise Hinkender, Blinder, Tauber, Stummer oder ein mit einem sichtbaren Makel an seinem Fleische Geschlagenen, oder ein alter hinfälliger Mann ist, darf sich nicht in der Gemeinde halten.“[11] Antike Darstellungen und literarische Quellen Alle frühen Erwähnungen dieser Gruppe oder Gruppen stammen von Autoren aus dem 1. Jahrhundert. Philo von Alexandria Philo von Alexandrien schrieb in Quod omnis probus liber sit 72–91 („Über die Freiheit des Tüchtigen“) von 4000 Essäern in Syrien. Er erklärte, dass sie in Dörfern lebten und Städte mieden. Philo behauptete auch, dass sie weder Geld noch Großgrundbesitz hätten, ebenso keine Schiffe oder Sklaven. Sie stellten nach Philo keine Waffen her und betrieben keinen Großhandel. Anschließend beschrieb er als weitere Sondergruppe die Therapeuten mit ähnlichen Zügen. Plinius der Ältere Der römische Historiker Plinius der Ältere berichtete in Naturalis historia (Buch 5,73) von Esseni, die am Toten Meer nahe der Oase En Gedi als zölibatäre Gruppe ohne Geld gelebt hätten. In diesem Zusammenhang erwähnte er auch die Festung Masada. Flavius Josephus Flavius Josephus nannte die Essener wiederholt als dritte große jüdische „Partei“ neben Pharisäern und Sadduzäern. Er schrieb in De bello Judaico (2, 119–161), dass die Essener Philosophie betrieben. Sie „liebten einander“ mehr als alle übrigen jüdischen Gruppen. Flavius Josephus schrieb ferner, dass die Essener asketisch lebten und Umgang mit Frauen (Sexualität) ebenso wie Salbungen mit Öl ablehnten. Laut Flavius Josephus trugen Essener weiße Kleider. Zu ihren wirtschaftlichen Angelegenheiten schrieb Flavius Josephus, dass sie ihren ganzen Besitz beim Eintritt in die Gemeinschaft der Gruppe übereigneten. Ein dazu Gewählter verwalte den Gemeinbesitz. Die Essener, so Flavius, bewohnten keine besondere Stadt, sondern bildeten in jeder Stadt Gruppen. Essener nähmen Waffen nur auf Reisen zum Schutz vor Räubern mit. Zu den Gewohnheiten, Bräuchen und Glaubensvorstellungen der Essener schrieb Flavius Josephus in De bello Judaico (2, 119–161) Folgendes: Sie beteten vor Sonnenaufgang und Geschichte äßen nach Tischgebeten mittags und abends gemeinsam. Sie vergruben ihre Exkremente. Essener, so Flavius, betätigten sich als Heiler. Sie lehnten das Schwören ab, außer ihrem Eid beim Eintritt, „Ungerechte zu hassen und mit den Gerechten zu kämpfen“. Neuzugänge bei den Essenern müssten ein Noviziat ableisten und würden bei Regelverstößen ausgeschlossen. Essener befolgten den Sabbat streng. Essener seien ferner bereit, für die Tora zu sterben (Märtyrer) und glaubten an die Unsterblichkeit der Seelen zur Erlösung oder ewigen Strafe. An anderer Stelle (18,11.18–22) ergänzte Flavius Josephus, dass Essener Gott nicht opferten, keine Ehen schlössen und keine Sklaven hielten. Sie betrieben Ackerbau und hätten Priester als Verwalter. In seinen Antiquitates Iudaicae verglich Josephus die Essener mit den Pythagoräern. Sie hätten Herodes den Treueid verweigert, und dieser habe sie gewähren lassen. Er erwähnte auch einige Personen, die Essener gewesen seien: einen Weissager, einen Traumdeuter, einen späteren Oberbefehlshaber. Eventuell war auch der Asket Bannus, bei dem Josephus drei Jahre gelebt haben will, bevor er Pharisäer wurde, ein Essener. In einer altrussischen Übersetzung von De bello Judaico wurden folgende Angaben zu den Essenern ergänzt: Sie würden weissagen und besäßen ein geheimes Buch mit Engelnamen. Eine Untergruppe der Essener heirate und zeuge Kinder, lebe aber von den anderen getrennt. Essener seien sehr gastfreundlich und sängen nachts. Spätere Autoren Spätere christliche Autoren beschrieben die Essener meist in Zitaten oder Zusammenfassungen früherer Angaben. Hegesipp nahm sie in seine Liste jüdischer Häresien auf; so auch Hippolyt von Rom, der die Beschreibung des Josephus übernahm. Eusebius von Caesarea (praep ev 7,11) zufolge lebten sie in Dörfern und Städten – damit harmonisierte er wohl den Widerspruch zwischen Philo und Josephus in diesem Punkt –, sie seien ältere Männer mit wenig Besitz, die Essen und Kleidung miteinander teilten. Synesios von Kyrene (370–412) zitierte Dion Chrysostomos (um 40–112): Die Essener wohnten in einer „glücklichen Stadt“ am Toten Meer nahe dem untergegangenen biblischen Sodom. Falls authentisch, wäre diese Angabe die älteste.[12] Qumrân ehemals am Süd-Westufer des Toten Meeres gelegen, war bis ihrer Zerstörung im Jahr 68 n. Chr., zur Zeit des Jonatan Makkabäus, von Mitgliedern einer streng asketisch, disziplinierten und ordensähnlichen Glaubensgemeinschaft bewohnt, die obgleich sie Schriftrollen vom Toten Meer (Qumrantexte) Ähnlichkeiten mit den Essenern zeigte, mit diese Gruppierung wahrscheinlich nicht identisch war. Der Begriff „Essener“ kommt explizit in keinem Qumrantext vor. In den bei Qumrân gefundenen Schriften aus etwa 250 v. Chr. bis 70 n. Chr. fanden sich einige Texte, die eventuell auf eine jüdische Sondergemeinschaft hindeuten: die „Gemeinderegel“ (1QS), als Anhang dazu die „Gemeinschaftsregel“ (1QSa), die „Damaskus-Schrift“, die „Kriegsrolle“ (1QM und 4Q491-496), die „Tempelrolle“ (11QTa.b), die „Kupferrolle“ (3Q15) und der „Habakuk-Kommentar“ (1QpHab) (Päschär des Propheten Habakuk). 1QS und 1QSa berichten von einer jachad (Einung) genannten Gruppe, die eine gemeinsame Kasse, Mahlzeiten, Probezeit für Neumitglieder kannte und denen, die gegen ihre Regeln verstießen, den Ausschluss androhte.[13] In keiner der etwa 850 Schriften fand man jedoch Hinweise auf Esseni oder Essaioi oder Begriffe, die sich als deren Wortwurzel deuten lassen. Für Askese und Zölibat fanden sich dort ebenso wenig Belege wie für einen Schicksals- und Unsterblichkeitsglauben. Die Vielfalt der behandelten Themen lässt sich keiner bestimmten jüdischen Gruppe zuordnen.[14] Die Gruppierung gründete sich wahrscheinlich um das Jahr 165 v. Chr. Also um die Zeit des Endes des Makkabäeraufstandes von 168 bis 164 v. Chr. Die Makkabäer beendeten die Herrschaft des Seleukidenreiches über Judäa und führten den traditionellen jüdischen Tempeldienst wieder ein. Sie beseitigten den zuvor im zweiten Jerusalemer Tempel aufgestellten Zeus-Altar, den hellenisierte Juden, die JHWH mit Zeus gleichsetzten und auf griechische Art verehrten, errichtet hatten. Die antiken Angaben ergeben das Bild einer asketischen, fast nur aus Männern bestehenden, überwiegend zölibatär und nahezu besitzlos lebenden Gruppe, die nicht auf bestimmte Eine der Höhlen bei Qumran, wo Schriftrollen gefunden wurden. Historische Beurteilungen Wohnorte begrenzt war. Darüber hinaus finden sich wenige präzise und auf einen bestimmten Gruppentyp uploads/Litterature/ essener-wikipedia.pdf
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- Publié le Mai 23, 2021
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