Einführung in das Heilsmysterium in 4 Teilen auf 4 Semester aufgeteilt ab WS 20
Einführung in das Heilsmysterium in 4 Teilen auf 4 Semester aufgeteilt ab WS 2004-05 P. Dr. Karl Josef Wallner OCist Phil.-Theol. Hochschule Heiligenkreuz Vorlesungsskriptum ad usum tantum privatum audientium! Karl J. Wallner, EH – auf 4 Semester verteilt – ab WS 2004/05 - 2 - 1. Teil: WS 2004 / 2005 (1 Sws) „Die anthropologischen Voraussetzungen für die Frage nach Gott und die natürliche Gotteserkenntnis“ § 1: Einleitung 1. Die Neuordnung der kirchlichen Studien durch das 2. Vatikanum Der Kurs trägt den Titel „Einführung in das Heilsmysterium“ und geht direkt auf einen Wunsch des 2. Vatikanischen Konzils (1962-1965) zurück. Im Dekret über die Priester- ausbildung „Optatam Totius“ (=OT) ist in Artikel 13 zunächst von einer gründlichen Vorbildung der Alumnen die Rede. U. a. sollen sie „soviel Latein lernen“, dass sie die wissenschaftlichen Quellen und kirchlichen Dokumente verstehen und benutzen können. In Artikel 14 geht es dann um eine grundsätzliche Neugestaltung der kirchlichen Studien. Das Konzil will die neuscholastische Ordnung der Fächer zumindest im Rahmen des Möglichen lockern. Zwei Negativa sind es, die überwunden werden sollen: 1. Die strikte Trennung von Philosophie und Theologie: In der Neuscholastik wurden Philosophie und Theologie strikt voneinander getrennt vorgetragen. Jedes Fach hatte ihre genau definierten Traktate, sodass die Beziehung zwischen Denken und Glauben, Philo- sophie und Theologie kaum mehr sichtbar war. Das spezifische Problem lag auch darin, dass die Alumnen sich zunächst einige Semester nur durch Philosophie quälen mussten. 2. Die Vernachlässigung der „heilsgeschichtlichen“ Dimension: Die neuscholastische Theologie verstand sich als eine absolute, ein für allemal gültige Form der Theologie, die die geschichtliche Bedingtheit jeder theologischen Form nicht reflektierte; sie war „ge- schichtslos“. Das Konzil aber wünscht eine so genannte „heilsgeschichtliche“ Betrach- tung: Theologie hat zu bedenken, dass das Geheimnis Christi, „das die ganze Geschichte der Menschheit durchzieht“ (OT 14,1), in jeder Zeit auf je neue Art und Weise bedacht wird. Theologie ist ja nur die Form, in der das in sich unveränderliche Mysterium Christi ausgedrückt wird. Die Form aber ist variabel und unterliegt den Bedürfnissen der Zeit. Damit diese Ziele erreicht werden, soll ein spezieller Einführungskurs in das Theologie- studium aufgenommen werden (OT 14,2): „Damit diese [heilsgeschichtliche] Sicht den Seminaristen schon vom Anfang ihrer Ausbildung an vertraut werde, sollen die kirchlichen Studien mit einem ausreichend langen Einführungskurs beginnen. In dieser Einführung soll das Heilsmysterium so Karl J. Wallner, EH – auf 4 Semester verteilt – ab WS 2004/05 - 3 - dargelegt werden, dass die Alumnen den Sinn, den Aufbau und das pastorale Ziel der kirchlichen Studien klar sehen; dass ihnen zugleich geholfen werde, ihr ganzes per- sönliches Leben auf den Glauben zu gründen und mit ihm zu durchdringen; dass sie endlich in der persönlichen und frohen Hingabe an ihren Beruf gefestigt werden.“ (OT 14,2) Der „Cursus introductorius“, in dem es um das „Mysterium salutis“ geht, hat also ein dreifaches Ziel1: 1. Orientierung: Der Theologiestudent soll gleich am Beginn seiner Ausbildung die rechte Orientierung für die zu studierenden Fächer im Gesamtplan seiner Studien gewin- nen. Er soll sich also nicht in einer Vielfalt von Gegenständen oder in der Unwirtlichkeit der philosophischen Begriffswelt verloren fühlen. Zugleich soll er von diesem Kurs her die Bedeutung der theologischen Studien für seinen zukünftigen priesterlichen und seel- sorglichen Dienst erfassen. 2. Intellektuelle Sammlung: Der Theologie soll in seinem eigenen Glaubensleben ge- stärkt werden. In einer pluralistischen, wertefreien und doch zugleich antikirchlichen ge- sellschaftlichen Atmosphäre bedarf der Alumne der Hilfe: Eine Theologie, die als ihr Zentrum das „Geheimnis Christi“ hat, wird ihm mitten „in der Welt von heute“ (Thema und Titel von GS) die Möglichkeit geben, die Fülle von Erfahrungen, die er schon in sein Studium mitbringt, neu zu ordnen und selbst im Geheimnis Christi seine Lebensmitte zu finden. Didaktische Hilfen bei der Vorlesung: Sätze, Fragen, Zwischenbemerkungen. usw. 3. Spirituelle Vertiefung: Der Kurs soll schließlich den Sinn und die Größe der priester- lichen Berufung zeigen und so eine vertiefte Freude an der Berufung wecken. Im Artikel 12 wurde es den Bischöfen anheim gestellt, ihre Alumnen in eine Art „Noviziat vor dem Studium“ zu schicken, damit der intellektuellen Schulung eine spirituelle Vertiefung vo- rausgehe. 2. Klärung des Begriffes „Mysterium“ Der Traktat heißt „Heilsmysterium“. Das „Geheimnis“, um das es hier geht, ist das Geheimnis Gottes selbst, der will, dass „al- le Menschen gerettet werden“ (1 Tim 2,4). „Gott wohnt in unzugänglichem Licht“ (1 Tim 6,16). Im AT gibt es nicht nur das Verbot, sich ein Bild von Gott zu machen. Es wird vielmehr sogar gedroht, dass jeder, der Gott schaut, sterben muss. - Heute: Bewusstsein für diese Sphäre des Mysteriums im Christentum verloren gegangen. Achtung auf die Begriffe: 1 Vgl. J. NEUNER, Kommentar zu Optatam Totius, in LThK 13,339 Karl J. Wallner, EH – auf 4 Semester verteilt – ab WS 2004/05 - 4 - Mysterium = das sich lichtende Geheimnis Aenigma = das Rätsel. - Ein Rätsel kann gelöst werden, dann hat es keine Heilsbedeu- tung mehr. (Kreuzworträtsel wird weggeworfen). Gott kann manchmal „aenigma“ sein (z. B. im Leid), aber er ist nie lösbar. Er ist immer Mysterium. Nach Anselm von Canterbury liegt das Ziel der Theologie darin, zu begreifen, dass Gott unbegreiflich ist: Comprehendere, Deum incomprehensibile esse!2 Der wahrhafte Theologe wird „am Schluss“ zum Spielenden, zum Kind, das verträumt und lachend Löwenzahn durch die Lüfte bläst. Selbst ein Thomas von Aquin hat, wenige Wochen vor seinem Tod, nach einer innerlichen Schau vor dem Allerheiligsten, seine Gelehrtenfeder beiseite gelegt. Nie mehr wollte er ein Wort über Gott schreiben, weil das, was er gesehen hatte, viel größer war, als der Verstand es je ausschöpfen könnte. Dazu drei Zitate des heiligen Thomas von Aquin, des größten Theologen: • „Hoc est ultimum cognitionis humanae de Deo: quod sciat se Deum nescire.“ (Thomas von Aquin, Pot 7,5 ad 14) • Non enim de Deo capere possumus quid est, sed quid non est, et qualiter alia se habeant ad ipsum.“ (C. G. I, 30) • „Deus honoratur silentio, non quod de ipso nihil dicamus vel inquiramus, sed quia intelligimus nos ab ejus comprehensione defecisse.“ (In Trin. 2,1 ad 6). Bitte beachten: Mystik, Spiritualität - braucht immer das Schweigen über das Ge- heimnis Gottes. Aber: Es ist nicht das Schweigen, weil man nichts sagen kann, weil man nichts weiß (= Agnostizismus), sondern es ist das Schweigen angesichts dessen, was man weiß. b.) geht es um eine geistliche Haltung angesichts dieses Geheimnisses. In dem Gedicht ist deshalb von einer ungewissen Reise die Rede. Und doch: „Freue, freue, freue dich!“ Die Freude ist die schönste Aufgabe des Theologen. - Alle suchen Gott, wir kennen ihn! - Und Gott ist Faszinosum und Tremendum. Der Religionsphilosoph Rudolf Otto nennt Gott „Mysterium fascinosum et tremendum“. - Schauder der Erhabenheit. Z. B. in der christlichen Kunst immer eingefangen: Ka- thedralkirchenbau. Hans Urs von Balthasar fordert eine „kniende Theologie!“ Das Theologiestudium ist eine „ungewisse Reise“, auch für die Spiritualität. --- viele ver- lieren dadurch ihren Glauben. 2 ANSELM, Monologion 64 (Schmitt I, 75, 11-12): „Consideratio rationabiliter comprehen- dit incomprehensibile esse.” Karl J. Wallner, EH – auf 4 Semester verteilt – ab WS 2004/05 - 5 - Ziel des Studiums: besteht nicht im begriffen haben und im Wissen. Wer meint, er sei der Theologie, der Logik Gottes, Herr geworden, hätte nicht gesiegt, sondern diabolisch ver- loren. Welcher Mensch könnte sich auch angesichts der Weisheit Gottes selbstherrlich rühmen (Röm 3,27)? Am Ende soll also die Klarheit stehen, die schaudern macht vor der Größe des Unbe- greifbaren. 3. Praktische Vorbemerkungen zum Theologiestudium 1. Intellektuell glauben: Der Kurs „Einführung in das Heilsmysterium“ ist im Verlauf des Studiums der erste Kurs, in dem die Hörer mit eigentlicher „Theologie“ konfrontiert wer- den. Nach klassischer Definition kommt Theologie dadurch zu Stande, dass der Glaube nach tieferem intellektuellen Erkennen und Verstehen strebt: „fides quaerens intellec- tum“. Zum anderen ist sie aber „intellectus quaerens fidem“, also natürliches Denken, das nach dem Göttlichen sucht. Ausdrücklich ist dies in der Enzyklika von Papst Johannes Paul II. 1998 „Fides et Ratio“ dargelegt. 2. Die Dialektik von Sünde und Gnade in der theologischen Erkenntnis. Die Glaubenser- kenntnis ist durch und durch ambivalent: Zum einen ist sie eine Folge der Erbsünde, denn der paradiesische Mensch hätte keine intellektuelle Theologie notwendig, seine Gotteserkenntnis wäre eine unmittelbare und intuitive (vgl. die Reflexionen über Adam und Eva in Sir 17,3-9). Der prälapsare Mensch lebt in einer naturhaften Einheit mit Gott, der „im Abendwind“ durch das Paradies spa- zieren geht ( Gen 3,8). Erst die Verweigerung gegenüber Gott lässt den Menschen aus dieser Lebensgemeinschaft mit Gott herausfallen, erst die Erbsünde macht es notwendig, dass der Mensch nunmehr der „Anstrengung des Begriffs“ bedarf, wenn er über Gott nachdenken will. Man kann sogar sagen, dass erst die Sünde aus der unmittelbaren Du- Beziehung, die Adam zu Gott hatte, eine Es-Beziehung machte: Gott ist von einem per- sonalen Gegenüber zu einem Objekt der Erkenntnis geworden, dem man sich sogar ver- weigern kann, vor dem man sich verbergen kann. Theologie steht also immer auch unter dem Gesetz der Sünde, die Kirchengeschichte mit ihren vielen Häresien und Verkürzun- gen gibt ein beredtes Zeugnis, wie sehr die Sünde die Gotteserkenntnis begrenzt und ver- dunkelt. Dies ist die eine uploads/Geographie/ einfuhrung-in-das-heil-symestrum-teil-1-bis-4.pdf
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- Publié le Dec 02, 2022
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