Ernst Cassirer und Aby Warburg Ein Literaturbericht Magisterarbeit am Institut

Ernst Cassirer und Aby Warburg Ein Literaturbericht Magisterarbeit am Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig Eingereicht bei: Prof. Dr. Klaus Christian Köhnke Zweitgutachterin: Doz. Dr. habil. Uta Kösser Von: Jutta Faehndrich Matrikelnummer: 7431294 Beginn der Bearbeitungszeit: 19.05.2000 Abgabe: 23.11.2000 INHALT 0. Einleitung .....................................................................................................................................3 Der Literaturbericht.............................................................................................................................5 1. Ernst Cassirer und Aby Warburg................................................................................................6 1.1 Literaturlage zum Thema...........................................................................................................11 1.2 Selbstaussagen von Cassirer und Warburg zum Thema............................................................12 2. Methodisches Vorgehen............................................................................................................16 2.1 Grundlage der Bibliographie zum Forschungsstand und Kriterien der Literaturauswahl............16 2.2 Einteilung der Publikationsaktivitäten in zeitliche Phasen ..........................................................17 2.3 Gang der Analyse und Maßstäbe der Kritik................................................................................19 3. Aussagen und Quellengrundlage der Sekundärlitera-tur zur Beziehung zwischen Cassirer und Warburg...................................................................................................................................21 Die Natur einer wissenschaftlichen Beziehung.................................................................................21 3.1 Aussagen in der Sekundärliteratur 1920 – 1929 und 1930 – 1945.............................................22 3.2 Aussagen in der Sekundärliteratur 1946 – 1973.........................................................................24 3.3 Aussagen in der Sekundärliteratur 1974 – 1989 und 1990 – 2000.............................................27 3.4 Lexikonartikel..............................................................................................................................43 3.5 Auswertung.................................................................................................................................45 4. Kritische Betrachtung................................................................................................................48 4.1 Umgang der Sekundärliteratur mit ihren Grundlagentexten........................................................48 4.2 Die Bedeutung Aby Warburgs und seiner Bibliothek für Cassirer ..............................................50 4.2.1 Hilfe der Bibliothek bei der Bücherbeschaffung [D]..................................................................50 4.2.2 Cassirers Kulturphilosophie und der mögliche Einfluß der Bibliothek [A, F, G, H]...................51 4.2.3 Die Systematik der Bibliothek Warburg [H, I]...........................................................................56 4.2.4 Die ‚Arbeitsgemeinschaft’ im Umkreis der Bibliothek Warburg [C]...........................................58 4.2.5 Ziele der Bibliothek Warburg und Ziele Cassirers [B]..............................................................61 4.2.6Cassirers Einfluß auf Warburg und Wissenschaftler im Umfeld der Bibliothek [E, J, L]...........65 4.2.7 Persönliche Freundschaft zwischen Cassirer und Warburg...................................................68 4.3 Der Stand der Forschung: Kritik und Bewertung ........................................................................68 5. Konstruktion von Wissenschaftsgeschichte und ihre Motive..............................................71 5.1 Wissenschaftsgeschichtsschreibung: der ‚Fall‘ Cassirer-Warburg..............................................71 5.2 Akteure, Motive und Ziele...........................................................................................................75 Bibliographie...................................................................................................................................79 Abteilung A: Schriften von Ernst Cassirer und Aby Warburg............................................................79 Abteilung B: Sekundärliteratur zur Beziehung zwischen Cassirer und Warburg...............................82 Abteilung C: Lexikonartikel...............................................................................................................88 Abteilung D: Sonstige Literatur ........................................................................................................90 Abteilung E: Quellen.........................................................................................................................95 Eidesstattliche Erklärung..................................................................................................................96 2 0. EINLEITUNG Philosophiegeschichtsschreibung ist ein schwieriges Pflaster. In dieser Arbeit soll es – aus der Perspektive der Kulturphilosophie – um die Beziehung zwischen zwei Wissenschaft- lern, dem Philosophen Ernst Cassirer (1874-1945) und dem Kunst- und Kulturwissen- schaftler Aby Warburg (1866-1929) gehen; ein Kapitel der Philosophie- und Wissen- schaftsgeschichte, das in der Weimarer Republik seinen Ausgang nimmt. In der Form des Literaturberichts zum Stand der Forschung ist diese wissenschaftliche und persönliche Be- ziehung im Spiegel ihrer Geschichtsschreibung das Thema der Arbeit. Darüber hinaus wird jedoch auch das Medium selbst, die Philosophie- und Wissenschaftsgeschichtsschreibung, zum Thema werden müssen. Wie die Geschichte der Beziehung Cassirer–Warburg ge- schrieben wurde und wird, ist auch ein Beispiel für die Historiographie der Geisteswissen- schaften1 und ihre Probleme und Unzulänglichkeiten. In einem großen Teil der Sekundärliteratur, und das vor allem in den letzten zehn Jahren, entstand und entsteht noch ein Bild der fachlich-wissenschaftlichen Beziehung zwischen Cassirer und Warburg, das, oft ohne kritische Überprüfung von Quellen und Fakten, zu Schlüssen kommt, die bei näherer Betrachtung in sich widersprüchlich und z.T. nicht halt- bar sind. Dabei stellt sich heraus, daß die Wurzeln einer Entwicklung hin zur Legendenbil- dung ohne wissenschaftliche Grundlage schon zu Lebzeiten beider angelegt sind. Bereits kurz nach Cassirers Tod und dem Ende des zweiten Weltkriegs kristallisiert sich in der De- batte über die Art der wissenschaftlichen Beziehung zwischen Cassirer und Warburg eine Kernfrage heraus: war die Entstehung von Cassirers Philosophie der symbolischen Formen, allgemein als sein kulturphilosophisches Hauptwerk betrachtet, von Warburg und seiner 1 Auch wenn diese Arbeit vom Standpunkt der Kulturphilosophie ausgeht, stammt doch die dem Literaturbe- richt zugrundeliegende Literatur sowohl aus der Cassirer-Forschung innerhalb der Philosophie, als auch aus der Warburg-Forschung, die meist ausgehend von der Kunstgeschichte betrieben wird. Wie sich im weiteren Verlauf zeigen wird, betrifft das Problem über die beiden Einzelwissenschaften hinaus auch die Geschichte einer disziplinenübergreifenden Kulturwissenschaft; vgl. Kap. 5.2. Technische Anmerkung: die Bibliographie der dem Literaturbericht zugrundeliegenden Publikationen (vgl. Bibliographie, Abt. B) verzeichnet die einzelnen Titel in der Reihenfolge ihres Ersterscheinens. Die für diese Titel durchgängig verwendeten Kurzzitationen bestehen aus AUTORENNAMEN und Ersterscheinungsjahr, so daß jeder Titel innerhalb der chronologischen Bibliographie leicht aufgefunden werden kann. Im Unterschied zu den dem Literaturbericht zugrundegelegten Titeln werden sonstige Sekundärliteraturtitel (vgl. Biblio- graphie, Abt. D) ab zweiter Nennung nur als ‚AUTORENNAME‘ zitiert; falls von einem Autor mehrere Titel in- nerhalb der Arbeit zitiert werden, wird der AUTORENNAME noch um ein TITELSCHLAGWORT ergänzt (AUTOR: TITEL), so daß in jedem Fall klar ersichtlich ist, ob der zitierte Titel Bestandteil des Literaturberichts ist oder zur sonstigen Sekundärliteratur zählt. Kurzzitationen von Artikeln aus Fachlexika zu Cassirer und Warburg (vgl. Bibliographie, Abt. C) bestehen aus einem KURZTITEL des Lexikons, Erscheinungsjahr und AUTORENNAME (LEXIKON JAHR (AUTOR)). Die zur Zitierung aus Werken Cassirers und Warburgs verwende- ten SIGELN lassen sich ebenfalls der Bibliographie (Abt. A) entnehmen. 3 „Kulturwissenschaftlichen Bibliothek“ beeinflußt, und wenn ja, inwiefern? Diese Frage zieht sich bis heute wie ein roter Faden durch die gesamte Sekundärliteratur; vor allem in den neunziger Jahren wird sie in weit überwiegendem Maße in der Sekundärliteratur bejaht, bis hin zur der (allerdings singulären) Behauptung, Aby Warburg habe schon um die Jahr- hundertwende an einem „Entwurf zu einem umfassenden System der ›symbolischen For- men‹“ gearbeitet.2 Dabei geht es v.a. in den neunziger Jahren nicht mehr nur um die Frage nach dem Einfluß des einen Wissenschaftlers auf den anderen, sondern auch um eine Be- wertung beider innerhalb einer ‚Tradition‘ der Kulturwissenschaften, auf die heutige Auto- ren eigene Ansätze von Kulturwissenschaft zu gründen versuchen. Wird die Frage nach ei- nem eventuellen Einfluß Warburgs auf Cassirers Kulturphilosophie positiv beantwortet, so impliziert dies im Extremfall, daß Warburg als der originäre Kulturwissenschaftler anzuse- hen wäre, auf dessen Arbeit Cassirers Philosophie aufbaute. Die Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte erweist sich jedoch als komplizierter; die simple These vom Einfluß Warburgs auf Cassirer ist, wie zu zeigen sein wird, nicht auf- rechtzuerhalten. Dennoch verfestigt sich in den letzten zehn Jahren in der Sekundärliteratur mit Vehemenz ein Kanon an Aussagen zur Beziehung Cassirer – Warburg, dessen Kern eben der Einfluß Warburgs und seiner Bibliothek auf Cassirer ist. Im Verlauf der Arbeit wird sich das Augenmerk vor allem auf die Rekonstruktion der Ent- stehung und Behandlung dieser Kernfrage nach dem ‚Einfluß’ in der Sekundärliteratur rich- ten; angesichts der ‚Kulmination‘ der Debatte in den neunziger Jahren, die sich vielfach durch eine unkritische Übernahme einschlägiger Aussagen aus früheren Texten auszeich- net, wird am Schluß der Arbeit die Frage stehen, was Wissenschaftsgeschichtsschreibung dazu veranlaßt, anstelle von methodisch fundiertem Handwerk Konstruktion von Wissen- schaftsgeschichte zu betreiben. Daß es im Folgenden vor allem um die Philosophie Cassirers geht, und weniger um theore- tische Ansätze Aby Warburgs, liegt weniger an der gewählten Perspektive als vielmehr an der Art der Aussagen der Sekundärliteratur, die in der wissenschaftlichen Beziehung zwi- schen Cassirer und Warburg fast ausschließlich Auswirkungen auf Cassirers Philosophie thematisiert; da die Aufgabe des Literaturberichts in einer kritischen Bestandsaufnahme und Bewertung der vorhandenen Literatur zum Thema besteht, wird vorwiegend reaktiv auf das von der vorhandenen Literatur Ausgesagte eingegangen werden. 2 NABER, CLAUDIA: Pompeji in Neu-Mexico. Aby Warburgs amerikanische Reise. In: Freibeuter 38 (1988), S. 88-97 (im Folgenden zitiert als ‚NABER: POMPEJI’), darin S. 94; vgl. auch Kap. 3.3. 4 Der Literaturbericht Diese Arbeit ist untertitelt „Ein Literaturbericht“. Der Literaturbericht hat die Aufgabe, dem Leser kursorisch einen Überblick über die zu einem bestimmten Forschungsthema in einem gewissen Zeitraum publizierte Literatur zu verschaffen. Sie soll ihn in den Stand setzen, aus diesem zunächst quantitativen Überblick (dokumentiert mit einer umfassenden Biblio- graphie) durch eine im Literaturbericht geleistete kritische Betrachtung und Bewertung der vorhandenen Forschungsliteratur auch qualitative Aussagen über den Stand der Forschung zu treffen. Der Gattung des Literaturberichts ist eine eigene deutsche DIN-Norm gewidmet worden. DIN 1426 nennt als Merkmal eines Literaturberichts, daß er sowohl indikative und infor- mative Darstellungen als auch Wertungen enthalten solle.3 Darüber hinaus soll der Litera- turbericht die Literatur zum Forschungsthema im behandelten Zeitraum möglichst vollstän- dig erfassen, dabei darstellen, auf welcher Grundlage die Bibliographie der relevanten For- schungsliteratur erstellt wurde, sowie die Kriterien für die getroffene Auswahl aus der Mas- se der vorhandenen Forschungsliteratur darlegen. In der Bewertung der behandelten Litera- tur soll der Literaturbericht „aus den untersuchten Dokumenten Trends erkennen, wesentli- che Entwicklungen aufzeigen, Fehler und Irrtümer darstellen, Lücken in der Forschungstä- tigkeit nachweisen“ und kritisch „bestimmte Entwicklungen hervorheben, andere verwer- fen, Dokumente empfehlen, Triviales zurückweisen.“ Deshalb müsse der Literaturbericht „auch die Maßstäbe der Kritik, die er anlegt, deutlich machen.“4 Im Übrigen kann ich nur die treffende Aussage von Klaus Poenicke im Duden-Leitfaden ‚Wie verfaßt man wissenschaftliche Arbeiten?‘ unterstreichen, die dieser Arbeit als Motto und, im Sinne Poenickes, als ‚Leitfaden‘ dienen soll: „Abschließend ist festzuhalten, daß angesichts des erdrückenden Überangebotes an In- formation heute jeder wissenschaftlich Arbeitende zunehmend auf die hier skizzierten Aufbereitungsformen von Dokumenten angewiesen ist, und zwar ebenso bezüglich der Darstellung von Inhalten wie bezüglich der Wertung und systematischen oder histori- schen Zuordnung. Das zusammenfassende Referieren setzt ebenso wie das kritische Auswerten ein hohes Maß an Urteilsvermögen und wissenschaftlichem Verantwortungs- gefühl voraus. Es ist heute mehr denn je als eigenständige und unentbehrliche wissen- schaftliche Leistung zu werten.“5 3 DIN 1426: ‚Inhaltsangaben von Dokumenten. Kurzreferate, Literaturberichte‘ (Oktober 1988). DIN, Deut- sches Institut für Normung. Berlin [u.a.]: Beuth 1988, S. 2. 4 Ebda., S. 5f. 5 POENICKE, KLAUS: Duden ‚Wie verfaßt man wissenschaftliche Arbeiten?‘ Ein Leitfaden vom ersten Stu- diensemester uploads/Philosophie/ cassirer-warburg-pdf.pdf

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