Landesbibliothek Oldenburg Digitalisierung von Drucken Oldenburger Jahrbuch Old
Landesbibliothek Oldenburg Digitalisierung von Drucken Oldenburger Jahrbuch Oldenburger Landesverein für Geschichte, Natur- und Heimatkunde Oldenburg, 1957 Fischarten-Management in der Weser-Ems-Region. Ulf Beichle urn:nbn:de:gbv:45:1-3267 Visual ^Library Oldenburger Jahrbuch Bd. 95 (1995) 339 Fischarten-Management in der Weser-Ems-Region Ulf Beichle Mehr als vierzigtausend Angler sind im Bereich von Weser und Ems organisiert - der Autor zählt sich nicht zu dieser Gruppe - und wirken in 98 Vereinen auf die Umwelt ein. Etwa 850 Gewässerwarte kontrollieren stehende und fließende Gewässer zusammen mit den Sportfischern. Ihr Einfluß auf Tier- und Pflanzen- arten wird in der Öffentlichkeit meist unterschätzt, weil die Folgen der Bemü- hungen nicht so leicht zu erkennen sind wie an Land: an der Wasseroberfläche hört meist die Beobachtungsmöglichkeit auf, und damit auch das Sammeln von Erfahrungen und Artenkenntnissen. Damit die naturkundlich interessierten oder im Naturschutz engagierten Be- wohner der Oldenburger Region die Vielfalt der Lebewelt unter Wasser ken- nenlernen können, bemüht sich das Museum für Naturkunde und Vorge- schichte in Oldenburg, sein Aquarium mit heimischen Fischen, Wirbellosen und Pflanzen zu besetzen. Langfristig soll hier ein Teil des Arteninventars im Verlauf der Hunte, ihrer Zuflüsse und benachbarten Seen in den Schaubccken vorgestellt werden. Informationen zu den vielfältigen Aktivitäten der Sportfi- scher werden die naturkundlichen Fakten ergänzen. Ein Teil dieser Informationen, die aus Veröffentlichungen, Gesprächen und Be- gehungen zusammengestellt wurden, sollen hier vorab zusammengefaßt wer- den. Aktuelle Daten konnten hier insbesondere durch die Hilfe von I ierrn I lel- mut Schlie, Fachberater im Landesfischereiverband Weser-Ems, einfließen. Schutzkonzepte wurden für zwei Gruppen heimischer Fische entwickelt. In der Region Weser-Ems sind davon folgende Fischarten betroffen: Schutz von Kleinfischarten: Dazu zählen der Bitterling, Rhodens sericeus amarus, der Schlammpeitzger, Misgumus fossilis und der Steinbeißer, Cobiti: taenia. Für den Bestand der drastisch zurückgegangenen Bitterlinge werden Züch- tungsversuche unternommen. Diese Fische sind für Naturkundler besonders deshalb interessant, weil sie auf eine extreme Form der Symbiose für die erfol- greiche Fortpflanzung angewiesen sind. Bitterlinge vermehren sich nur in An- wesenheit von großen Süßwassermuscheln der Arten Unio, Anodonta und Pseudanodonta. Anschrift des Verfassers: Dr. U. Bcichic, Staatliches Museum für Naturkunde und Vorgeschichte, I )amm 40-44,26135 Oldenburg. Landesbibliothek Oldenburg 3 4 0 U l f B c i c h l e Schlammpeitzger und Steinbeißer sollen nicht durch Züchtungen, sondern durch Exemplare aus benachbarten Beständen wieder in verwaiste Gewässer eingebürgert werden. Dieses als „Initialzündung" gedachte Management von Fischartcn ist wenig aufwendig, solange noch größere Zahlen der betroffenen Fischarten erreichbar sind. Hierbei kommt eine relativ moderne Technik, das Elektrofischen, zur Anwendung, die das Abfischen ohne größeren Einsatz von schweren Geräten erlaubt. Wesentlich umfangreicher ist das Schutzprogramm für Großfische. Dazu zählen vor allem der Aal, Anguilla anguilla, der Hecht, Esox lucius, der Atlan- tische Lachs, Salmo salar.; die Meerforelle, Saltno trutta f. trutta und die Bach- forelle, Salrno trutta f. fario. Nicht unerwähnt bleiben dürfen die Bemühungen um die Wiederansiedlung des Stör, Acipenser sturio. Hier sind bisher alle Anstrengungen erfolglos, da es nicht gelungen ist, lebende Störe der früher so häufigen Art A. sturio zu finden und einem Vermehrungsprogramm zuzuführen. Andere Störfische wie der Sterlet, Acipenser ruthenus, sind dagegen problemlos zu erwerben. Sie dienen als Zierfische in den Teichen von Fischfreunden. Sollte ihnen allerdings die Be- siedlung heimischer Gewässer gelingen, so wäre dies ein höchst unerwünschter Nebeneffekt und eine Faunenverfälschung mit nicht absehbaren Folgen. Besonders groß sind die Anstrengungen um die Erhaltung des Aals. Dieser auch jetzt noch häufig in den Gewässern anzutreffende Fisch wird langfristig als in seinem Bestand bedroht angesehen. Als Ursache werden die Massenfänge an Jungaalen vor der französischen Küsten angegeben. Aufgrund seiner großen Bedeutung für die Berufsfischerei wie auch für Sportfi- scher zielen die Maßnahmen auf die Erhaltung eines hohen Aalbestandes in ver- schiedenen Altersklassen. Dies aber ist nicht so leicht erreichbar wie bei anderen Fischarten, die in der Region ablaichen. Kein Aal konnte bisher in der Obhut des Menschen zur Abgabe der Eier oder Samen veranlaßt werden. Alle ge- schlechtsreifen Tiere wandern aus den Flüssen oder Seen in die Sargasso-See vor der amerikanischen Atlantikküste. Von hier aus treiben die jungen Aale, wegen ihrer durchsichtigen Körperhülle „Glasaale" genannt, vor die südliche europä- ische Festlandsküstc. Dort werden sie Opfer einer Netzfischerei, die in großem Umfang betrieben wird. Genaue Daten sind darüber wohl nicht zu erhalten, die Auswirkungen aber sind meßbar. Der Strom der nach Norden treibenden Glasaale wird immer kleiner. Dies läßt sich eindrucksvoll aus den Fängen an der Fangstation Her- brum an der Ems belegen. 1980 wurden mehr als drei Tonnen der zarten Alchen gefangen, im Jahr darauf nur noch gut 900 Kilogramm. Der Abwärtstrend hielt, mit erheblichen Schwankungen, bis heute an: 1992: 6 kg; 1993: 19,5 kg; 1994: 70 kg; 1995:23 kg. Die Glasaale aus der Ems wurden früher in ganz Deutschland verteilt. Ein Zei- tungsbericht vom 28.4.1935 beschreibt die nächtliche Fangaktion: „Wir haben Lanclesbibliothek Oldenburg Fischartcn-Managcment in der Wcser-Ems-Region 3 4 1 Glück. Eine geschlossene Kette Aalbrut zieht mit der ansteigenden Flut die Ems herauf. Der Schwärm bewegt sich etwa einen halben Meter vom Ufer vorwärts in einem Streifen von 10 Zentimeter Durchmesser. Männer mit dem Käscher in der Hand erwarten ihn . . . " Die gefangenen Tiere wurden in Kisten verpackt und - mit feuchten Moos be- deckt - auf die Reise geschickt. Die jungen Aale für die Binnengewässer Nord- westdeutschands werden heute nicht mehr an der Ems, sondern an der Loire gefangen. Von dort, wo die große Zahl der kleinen Aale zu Delikatessen verar- beitet wird, treten etwa 4 Kilogramm lebende Jungaale die Reise nach Nord- dcutschland an. Das sind etwa zwölf- bis fünfzehntausend Tiere, die auf die ein- zelnen Angelvereine verteilt werden. Die Kosten für den Kauf und den Trans- port in Wasserbehältern auf Lastwagen tragen die Sportfischer. Ein neuer Trend zeichnet sich inzwischen beim Aal-Management ab: anstelle der Freilassung von Glasaalen sollen diese erst einmal in Fischfarmcn großgezo- gen werden. Die enormen Verluste, die naturgemäß bei den meisten Fischarten während der Jugendzeit auftreten, möchte man damit verhindern. Hechte sind im Bereich Weser-Ems vor allem von den Eingriffen im Uferbe- reich der Gewässer betroffen. Auch dort, wo sie ausreichende Beute finden können, geht der Bestand zurück: Ursache ist der Mangel an geeigneten Laich- plätzen. Hechte legen ihre Eier im Flachwasser von Überschwemmungsgebie- ten ab. Die aber werden immer seltener. Auch die als Ersatz geeigneten, im Frühjahr überstauten Grünländer der Fluß- und Seeufer werden immer selte- ner, bedingt durch Eindeichungen oder durch Umwandlung in Ackerflächen. Hier sollten die Prioritäten der Schutzbcmühungen ansetzen. Vom Landesfischereivcrband wird als Faustzahl ein Hechtbestand von 10 kg pro Hektar Wasserfläche angestrebt. Dabei sollte das Verhältnis von Raubfisch Hecht und den Friedfischcn im Verhältnis 30 zu 70 angesteuert werden. Konkret geht man dabei so vor, daß Hechte nach ihrem zweiten Sommer aus der Brutanstalt in die freie Wildbahn entlassen werden. Eine andere Methode ist das Aussetzen von etwa drei Wochen alten Junghechten, die sich als Brütlinge im Uferbereich gegen ihre Konkurrenten behaupten sollen. Im Alfsee wurde 1990 der Hechtbestand mit 5.000 dieser Brütlinge ergänzt. Die Wiedereinbürgerung der im Weser-Ems-Gebiet als ausgestorben angesehe- nen Arten Lachs und Meerforelle wird von der Landesregierung seit fünfzehn Jahren unterstützt. Beim Versuch, diese Arten wieder anzusiedeln, geht man zweigleisig vor: Eier von Lachsen werden zur Zeit in Irland gekauft. Zuvor war Norwegen der Liefe- rant der begehrten Eier. Der Wechsel nach Irland als Lieferant für zukünftig norddeutsche Lachse kehrt eine schon hunderte Jahre alte Handelsbeziehung um. Damals wurde von einer Firma aus dem Osnabrücker Raum Lachsbrut nach Irland verkauft. Daß in den irischen Lachsen auch noch norddeutsche Lanclesbibliothek Oldenburg 3 4 2 Ulf Bcichle vor dem Abstreifen der Eier. Photo: I Ii uz Abb. Nr. 1: Ein laichbereites Weibchen der Meerforelle Schon bei leichten Druck werden die Eier freigegeben. Abb. Nr. 2: Beim Besamen der Meercsforellen-Eier mit den Spermien der Männchen nutzt der Mensch die bei Fischen normale äußere Befruchtung ohne direkten Körper- kontakt. Photo: Hinz Lanclesbibliothek Oldenburg Fischarten-Management in der Weser-Ems-Region 3 4 3 Erbinformation stecken könnte, so wie die Projektleiter dies hoffen, ist nicht ganz auszuschließen. D e r zweite Weg zur Wiedereinbürgerung ist, einwandernde L a c h s e und M e e r - forellen schon vor dem natürlichen Ablaichen abzufangen. Dies geschieht mit I Iiifc- der auch für normale Bestandsprüfungen angewendeten Elektrofischerei. Danach werden die Weibchen durch sanften Druck auf die Leibeshöhle zur Abgabe der Eier veranlaßt. Gleiches wird mit den Männchen praktiziert, deren Samenflüssigkeit befruchtet die Eier (siehe Abb.). Gemessen an den hohen Zah len der ausgebrüteten und freigelassenen Lachse und Meerforellen ist der Wie- derfang bescheiden. Nur selten gelangen diese beiden Großfischarten in Nähe potentieller Laichplätze im Quellbereich der Müsse. Als Grund dafür wird die massive Befischung im Mündungsbereich der Müsse angesehen. Tatsächlich ist es bemerkenswert, wie dicht die Fanganlagen an den Ufern der großen Flüsse gestellt werden. Sehr oft sind es Freizeitfischer, die sich hier eine einträgliche und weitgehend unkontrollierte Einnahmequelle geschal- ten haben. Da die Mündungsgebiete dieser großen Fließgewässer Ems, Weser und Elbe den freizügigen Verordnungen zur Küstenfischerei unterliegen, ist eine Veränderung der rechtlichen Situation unvermeidbar, wenn die Bemühun- gen um den Schutz der wandernden Fischarten Lachs, Meerforclle und Aal er- folgreich sein sollen. Frei von den Problemen uploads/Geographie/ fischarten-management-in-der-weser-ems-region-ulf-beichle.pdf
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- Publié le Mai 27, 2021
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