GDR Bulletin GDR Bulletin Volume 19 Issue 1 Spring Article 11 1993 Klaus Hammer
GDR Bulletin GDR Bulletin Volume 19 Issue 1 Spring Article 11 1993 Klaus Hammer, ed.: Chronist ohne Botschaft. Christoph Hein. Ein Klaus Hammer, ed.: Chronist ohne Botschaft. Christoph Hein. Ein Arbeitsbuch. Materialien, Auskünfte, Bibliographie Arbeitsbuch. Materialien, Auskünfte, Bibliographie Reinhard K. Zachau University of the South Follow this and additional works at: https://newprairiepress.org/gdr This work is licensed under a Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 License. Recommended Citation Recommended Citation Zachau, Reinhard K. (1993) "Klaus Hammer, ed.: Chronist ohne Botschaft. Christoph Hein. Ein Arbeitsbuch. Materialien, Auskünfte, Bibliographie," GDR Bulletin: Vol. 19: Iss. 1. https://doi.org/10.4148/ gdrb.v19i1.1083 This Review is brought to you for free and open access by New Prairie Press. It has been accepted for inclusion in GDR Bulletin by an authorized administrator of New Prairie Press. For more information, please contact cads@k- state.edu. BOOK REVIEWS 23 Hammer, Klaus, ed. Chronist ohne Botschaß. Christoph Hein. Ein Arbeitsbuch. Materialien, Auskünfte, Bibliographie. Berlin und Weimar: Aufbau, 1992. 316 pp. Klaus Hammers Buch ist ein Arbeitsbuch zu Christoph Hein sowohl für den Germanisten als auch für den an der Literatursituation in der DDR interessierten Laien. Es besteht aus zwei Teilen, einem Hauptteil mit Analysen zu Heins Werk und einem ausführlichen Dokumentarteil mit einer Aufstellung aller bisher bekannten Aufführungen und Theaterrezensionen von Heins Theaterwerk, sowie einer vollständigen Bibliographie der Primär- und Sekundärliteratur seines Werkes. Da Hein als Dramatiker in den U S A weithin unbekannt ist, erweist sich besonders dieser zweite Teil als nützliches Arbeitswerkzeug für den amerikanischen Forscher. In den in Hammers Buch abgedruckten wissenschaftlichen Arbeiten zu Heins dramatischem Werk beschäftigen sich viele Rezensenten mit seiner Weiteeführung von Brechts Ansätzen zum historischen Drama, so Frank Hörnigk in seinem Aufsatz zu Die wahre Geschichte des Ah Q, Bernhard Greiner zu Heins Essay zu Passage und Karla Kochta in einem Aufsatz zu Heins letztem und wohl populärstem Stück Die Ritter der Tafelrunde, in dem sie Heins Versuche erkennt, politische und gesellschaftliche Veränderungen seismographisch zu erfassen. Das Stück werde heute meist als Heins pessimistischer Kommentar zum "uralten Traum der Menschheit nach einer gerechteren Welt als Gralssuche" (225) gesehen, den Hein für gescheitert erklärt. Antje Janssen-Zimmermann stellt in ihrem Beitrag "Subjektive Objektivität" Heins Theaterstücke Cromwell, Lassalle und Die Ritter der Tafelrunde als "Trilogie des Sozialismus" vor, in denen er sein Selbstverständnis als Schriftsteller "mit der Rolle des Chronisten definiert" (185). Er verstehe sich weder als Aufklärer Brechtscher Provenienz, von dem er sich durch den Verzicht auf den pädagogischen Anspruch unterscheide, noch als Historiker, da er seine Themen ausschließlich aus eigener Erfahrung auswähle. Janssen-Zimmermann nennt hier den Schlüsselbegriff zur Erfassung von Heins Werk, wie ihn der Herausgeber dieses Bandes, Klaus Hammer, in seinem Titel verwendet (Chronist ohne Botschaft). Hammer betont in seiner Einleitung, Christoph Hein sei ein aufklärerischer Moralist, der auf Dialog mit dem Leser setze. Daß Hammer damit in der Tat das wichtigste Element in Heins Werk erfaßt hat, zeigt anschließend das aufschlußreiche Gespräch zwischen Hammer und Hein vom Februar 1991 ("Dialog ist das Gegenteil von Belehren"). Hein sagt hier selbst deutlich, er wolle das Publikum nicht belehren und wolle in seiner Literatur keine Botschaft vermitteln, sondern lediglich versuchen, als Chronist etwas mitzuteilen. Als Künstler könne er Zusammenhänge nur aus seiner Perspektive, aus seinem Verständnis mitteilen. Zur Erläuterung dieser These, einer bewußten Zurücknahme von Brechts Moralanspruch, dient der erste und ausführlichste Teil von Hammers Buch, der sich mit Heins Prosaschaffen in einer Reihe von Aufsätzen befaßt. Antonia Grunenberg sieht Hein in ihrem Aufsatz "Geschichte der Entfremdung" als einen typischen Schriftsteller des Übergangs in der DDR, der das Lebensgefühl der jüngeren und jüngsten Schriftsteller in der DDR repräsentiere. Wie diese weise Hein jegliche ideologischen Erklärungsmodelle zurück. Die Interpretationen von Brigitte Böttcher, Bernd Leistner und Wolfgang Emmerich zu Heins Novelle Der fremde Freund (in Westdeutschland als Drachenblut erschienen), von Thomas Neumann zum Roman Horns Ende und von Karin Hirdina und Christoph Dieckmann zum Roman Der Tangospieler machen Heins Absage an ideologische Erklärungsansätze deutlich. Besonders in den an anderer Stelle bereits abgedruckten Beiträgen von Bernd Fischer (ursprünglich in Colloquia Germania) zu Der fremde Freund und Klaus Hammer (ursprünglich in Weimarer Beiträge) zu Horns Ende werden die wichtigsten Thesen zur Hein-Rezeption herausgearbeitet. Bernd Fischer kritisiert in Der fremde Freund Heins Verwendung der Ich-Erzählung als Verzerrung der Realität der DDR in den achtziger Jahren. Hein hätte besser daran getan, seine Psychologie aus den Reflexionen der Heldin in die Welt der Erzählung selbst zu verlegen (104). Das widerspricht jedoch Heins eigenem Anspruch, auch in Prosatexten dialogisch vorgehen zu wollen, wie Klaus Hammer, der heute vielleicht der beste Hein- Kenner ist, in seiner Untersuchung zu Horns Ende behauptet. Hein habe hier den Text bewußt dialogisch angelegt, um dadurch das Modell einer verfremdeten Wirklichkeit aufzeigen zu können. Denn die Gesellschaft der DDR habe sich schon damals (in den fünfziger Jahren) bereits in ein "Labyrinth von Unauflösbarkeiten" manövriert, das nicht mehr verändert werden könne. Hammer behauptet, daß Hein aus der Not der Gesellschaftskritik eine Tugend gemacht habe und die unabhängigen Erinnerungsprotokolle der im Roman auftretenden Figuren stellvertretend für das nicht mehr funktionierende Gespräch stünden. 1 Zachau: Klaus Hammer, ed.: Chronist ohne Botschaft. Christoph Hein. Ein A Published by New Prairie Press, 1993 24 GDR Bulletin Damit erscheine der Text als ästhetische Wiedergabe der "fehlenden Dialektik zwischen literarischer Fiktion und ideologischer Determiniertheit," als Abbild einer gottverlassenen Epopöe (131). Der Mensch habe sich in eine ausweglose Situation gebracht. Mit dieser anspruchsvollen Interpretation zeigt Hammer, wie Hein in seinen Texten das Dilemma der DDR-Gesellschaft aufzeigt, doch gleichzeitig einen Ausweg offenläßt, der sich auch für die Zukunft als fruchtbar erweisen könnte. Daß Hein seine eigenen Ratschläge beherzigt hat, zeigen die beiden Aufsätze von Reinhard Andress und Frauke Meyer-Gosau, die sich mit Heins öffentlichem (d.h. politischem) Arbeiten während der Krisenzeit 1989/90 befassen. Hein sah sein öffentliches Engagement als direkte Fortsetzung des dialogischen Arbeitens, ein deutliches Zeichen, daß Heins literarisches Arbeiten immer auf den öffentlichen Dialog angelegt ist. Klaus Hammer hat mit diesem Band ein wichtiges Werk zur Wirkungsgeschichte Christoph Heins vorgelegt, der sich ohne Zweifel zu einem der wesentlichsten Autoren in den nächsten Jahren entwickeln wird. Reinhard K. Zachau The University of the South, Tennessee Philipsen, Dirk. We Were the People. Voices From East Germany's Revolutionary Autumn of 1989. Durham/London: Duke University Press, 1993. 417 pp. This is an impressive oral history of the East German revolution based on over a hundred interviews. Dr. Philipsen, Professor at Duke University, formerly a student in Berlin, returned in the Spring of 1990 to talk with these subjects including Hans Modrow, the last (but very atypical) prime minister, a wide spectrum of intellectuals and the leadership of various opposition groups, and some rank and file workers. Their responses are organized into three clusters, the multiple roots of protest in the 1980's, activism in the fall of 1989, and more briefly, perspectives on the future. The first theme that emerges from the book is that the East German revolution was different. Poles, Hungarians, Bulgarians, and Czechs overthrew one-party rule, and regained their national identity. East Germans did so, and lost it. No one opposed to Communist rule had advocated or foreseen the victory of West German cultural values. Those who worked hardest at dissent, those who risked jail and Stasi retribution to combat Honecker, talked about their sense of loss soon after the Wall fell and unification began. The opposition was not alone in that feeling. I recall a conversation on the train to Berlin that same Spring. A former high-ranking economic apparatchik told me, "You don't know how hard this is on us. We were Germans, and proud to be the only people who had made socialism work. We were successful, and could take vacations, in the Crimea, on Rumania's Black Sea coast, on the Adriatic. We alone of the socialist peoples had our own automobiles. Then the Wall came down and they laughed at us, felt sorry for us. Suddenly we were just Ossis, and all we owned were pitiful little polluting Trabbis." This national pride and sense of loss united party loyalist and opponent. "We were always better off than any of the other socialist countries," said Bärbel Bohley, "mother of the revolution." The second lesson is that the televised events of the Autumn of 1989 were far from spontaneous. The number and variety of opposition groups, Green, religious, cultural, and political, was enormous. They had been building a movement for years, and had drawn many into dissent in one form or another. The Stasi was very busy indeed. However, for all the preparation and for all the numbers involved in dangerous opposition, the events of '89 were unique 2 GDR Bulletin, Vol. 19 [1993], Iss. 1, Art. 11 https://newprairiepress.org/gdr/vol19/iss1/11 DOI: 10.4148/gdrb.v19i1.1083 uploads/Geographie/ klaus-hammer-ed-chronist-ohne-botschaft-christoph-hein-ein-a.pdf
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- Publié le Sep 23, 2022
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