1 Peter Pörtner, Japan-Zentrum der LMU München Japanische Wolken und Wolkenbild

1 Peter Pörtner, Japan-Zentrum der LMU München Japanische Wolken und Wolkenbilder I WOLKE, f., nubes. westgerm. wort. ursprünglich starkes neutr. *wulkna: as. wolcan, n.; ahd. wolkan, n.; mhd. wolken, n.; mnd. wolken, n.; afries. wolken, n.; ags. wolcen, n., 'nubes', wolcnu 'himmel'. daneben bereits ahd. wolka und anfrk. uulca. auch als n-stamm fem. wolka (oder mask. wolko?), s. KELLE Otfrid 2, 164 und VAN HELTEN altostniederfrk. psalmenfragm. 159. mit wolka, wulca hat nichts zu tun ags. ('in der älteren sprache') wolc, da dessen genitiv stets wolcnes lautet, s. SIEVERS-BRUNNER § 243 anm. mhd. und frühnhd. neben neutr. auch masc. und fem. (s. u.). das wort wird von SCHADE adt. wb.2 1197 als part. prät. zu *walk 'wälzen' gestellt, also 'zusammengeballtes, gewälztes', doch scheitert diese deutung am fehlen des mittelvokals (s. u.). dagegen hat JOH. SCHMIDT s. etymologie (vocalismus 2, 20) zu welk 'feucht', idg. *wel-g, lett. vel̃gans (dazu val̃gans, val̃gs 'feucht', velgt 'waschen, feucht machen', vilgans 'feucht' MÜHLENBACH- ENDZELIN 4, 530; 453f.; 587), lit. vìlgyti 'anfeuchten', preusz. welgen 'schnupfen', aksl. vlьgьkь 'feucht', russ. volgnut 'feucht werden' fast allgemeine anerkennung gefunden, so auch (mit reserve) bei FALK-TORP spracheinheit 402 f. neben idg. uelg- steht uelq- in air. folc 'wasserflut', folcaim 'wasche' (PEDERSEN kelt. gr. 1, 59, wo weiteres), gotl. valgar 'rivuli' HELLQUIST2 1302, lett. valka 'ein flieszend wässerchen, bach, quelle', valks 'feucht' (MÜHLENBACH-ENDZELIN 4, 456 f.), lit. valkà 'pfütze', s. WALDE-POKORNY 1, 306; TRAUTMANN baltoslav. wb. 358 f.; LIDÉN Göteborgs högskolas årsskrift 26, 95 ff. in den älteren sprachstufen fast immer st. neutr. wolkan, wolken bis ins spätmhd., so im Heliand (nsg. uuolcan 3144; gen. uuolcnes 655; dat. uuolcne 3146; apl. thiu uuolcan 392; 415; dpl. undar uuolcnun 649), ebenso in den ahd. gloss., im ahd. Tatian und bei NOTKER, s. GRAFF 1, 796 (urspr. ohne mittelvokal gen. pl. uuolcno ahd. gl. 2, 213, 35; dat. pl. uuolcnum Monseer fragm. 19, 7, vgl. SCHATZ ahd. gr. § 93). auch bei OTFRID als neutr., nur ein dpl. wolkon Unter Nebel (althochdeutsch nebul, verwandt mit lateinisch nebula, und griechisch νέφηλη (nephele) oder νέφος = „Wolke“) versteht man in der Meteorologie einen Teil der Atmosphäre, in dem Wassertröpfchen fein verteilt sind, und der in Kontakt mit dem Boden steht, wobei die Wassertröpfchen durch Kondensation des Wassers der feuchten und gesättigten Luft entstanden sind. Fachlich gesehen ist Nebel ein Aerosol, in der meteorologischen Systematik wird er jedoch zu den Hydrometeoren gezählt Erst bei einer Sichtweite von weniger als einem Kilometer wird von Nebel gesprochen. Sichtweiten von einem bis etwa vier Kilometern gelten als Dunst. Einen Nebel in räumlich sehr begrenzten Gebieten bezeichnet man als Nebelbank und einen Tag, an dem mindestens einmal ein Nebel aufgetreten ist, als Nebeltag. Nebel wie Dunst unterscheiden sich von Wolken nur durch ihren Bodenkontakt, sind jedoch ansonsten nahezu identisch mit ihnen. In ansteigendem Gelände kann daher eine Wolkenschicht in höheren Lagen zu Nebel werden. In der Luftfahrt spricht man in solchen Fällen von aufliegender Bewölkung. 2 Der französische Kunstwissenschaftler Louis Marin (1931-1992) verwendet in vielen seiner Studien - vor allem zur Malerei der italienischen Renaissance - das Begriffspaar Repräsenta- tion/Präsentation. Mit „repräsentativ“ und „präsentativ“ kennzeichnet er zwei elementar verschiedene Darstellungsweisen, ja Dimensionen der Malerei als Malerei, die sich - Marin ist Semiotiker und versteht auch Gemälde als „Texte“ - auch als die zwei Dimensionen des Zeichens oder des Zeichengebrauchs in der Malerei beschreiben lassen: Ein Zeichen kann „transitiv“ sein, das meint: Es repräsentiert ein Etwas und ist auf dieses Etwas hin „transparent“. Ein Zeichen kann aber auch „reflexiv“ sein, das meint: Es präsentiert, indem es sich (nur) auf sich selbst bezieht, sich selbst und bleibt dabei - das ist der wesentliche Punkt - „opak“ (weil es nicht „transparent“ ist auf ein Etwas hin, das es nicht ist, sondern nur repräsentiert). Mit anderen Worten: Für Marin zeichnet sich die Repräsentation durch Transparenz, die Präsentation aber durch Opazität, durch eine genuine Dunkelheit aus. Dass damit aber keinesfalls etwas Unaussprechbares, Unauslotbares oder gar Rätselhaftes markiert werden soll, lässt sich mit Marins eigenen Worten am deutlichsten zeigen. Er sagt in einem Gespräch: „Opazität, dem Sinn nach im Plural, würde all das bezeichnen, was in der Kunst des Sichtbaren jenseits oder diesseits der Repräsentation im Spiel ist, [...] Opazitäten: Gegenwart einer Materie, eines Fleisches, eines Malerkörpers in der reinen Bewegung der Bedeutungsannahme des Bildes vom Sichtbaren, welches das Gemälde darstellt, das Skelett eines Rahmens, die raue oder glatte Haut seiner Leinwand mit ihrer Größe und ihrem Format, die Farbpigmente, die Farbmischungen, die Putzbeläge und die Lacke; im Pinselstrich hinterlassene Spuren der Gesten des Malers; Akzente, Abstände, Anordnungen, Verber- gungen und Verdunkelungen, Explosionen, Verwirbelungen, Flüsse und Rückflüsse, Salbungen, Versüßungen, Lieblichkeiten, Flüssigkeiten, Klebrigkeiten, Krümel, Tropfen und Ausflüsse, Kratzer, Einschnitte, Spritzer: all das Opazitäten. Selbst wenn eine Repräsentation etwas repräsentiert, präsentiert sie sich immer auch selbst ...“ - Es ist bemerkenswert, dass ein europäischer Kunstwissenschaftler und -philosoph mit Blick auf die (selbst-)reflexive Dimension der europäischen Malerei Voraussetzungen, Bedingungen (ihrer Möglichkeit), sozusagen ein a priori wahrnimmt und aufdeckt, in dem ich versuchen möchte, ein Grund- merkmal der japanischen Kunst überhaupt zu sehen: eben das „Präsentative“. Bemerkenswert ist aber auch, dass der gute Abendländer Marin das „Präsentative“ als „opak“ charakterisiert; denn was „opak“ ist, ist nicht „transparent“ auf etwas Anderes hin, vor allem aber nicht auf „Transzendenz“. Das „Opake“ verstellt den Blick auf jedwedes Dahinter, selbst wenn es in einem übertragenen Sinne noch so „brillant“ ist wie auf Bildern des Piero della Francesca oder des Filippo Lippi. Es ist und bleibt ein Ärgernis, aber ein unabdingbares, von dem gerade Marin zu sagen weiß, wie viel die Kunst ihm verdankt: „Eben weil es sich um die Materie des Werkes selbst handelt, mit seinen unüberwindbaren Zwängen, weil es sich um die künstlerische Praxis handelt, die mit ihm verknüpft ist, kann sich die Bedeutung nicht in der Idee der „zu repräsentierenden“ Sache erschöpfen, noch in der Absicht des Subjekts „Schöpfer“, seine Repräsentation hervorzubringen. Jede Repräsentation präsentiert sich, indem sie etwas repräsentiert. Opazität dieses „Reflektierten“, das sich in der Repräsentation öffnet und ihre reine Bewegung des Bezeichnens jenseits oder diesseits von jeder Position eines Subjekts, eines cogitos: Subjektwirkung, ich will sagen, dass der Gegenstand (der Repräsentation) aus der Setzung als Wirkung seiner Präsentation auftaucht ...“ Erstaunlich ist vor allem, dass ein durch und durch alteuropäisch denkender Kunstphilosoph auf seinen langen Denkwegen zu der Erkenntnis kommt, dass die Repräsentation nur eine Wirkung der Präsentation sein kann. War also auch in der langen Geschichte des (nicht nur christlichen) Abendlandes die Repräsentation – wie auch das alteuropäische „Ich“ – letztlich eine Fiktion? Es gibt eine Art der Darstellung von Natur in der japanischen Malerei, die zumindest in ihrer entwickelten Form als charakteristisch „japanisch“ gelten kann. Es handelt sich dabei um eine 3 Technik, die „shunpô“ genannt wird; das chinesische Schriftzeichen für „shun“ wird auch „shiwa“ gelesen und bedeutet „Falte“, „hô“ nicht mehr und nicht weniger als „Methode“; „shunpô“ ist also der japanische Name für eine „Faltenmethode“ genannte Art des Malens. Man bezeichnet damit eine spezielle Art des „Schraffierens“ (freilich nicht in seinem ursprünglichen Sinne von „(ein)kratzen“) und Schattierens, um Bergen und Felsen auf Land- schaftsbildern, „sansuiga“, Masse, Körperlichkeit und Prägnanz zu verleihen. Auch diese Methode hat ihren Ursprung im alten China; sie verfeinerte und diversifizierte sich mit der Entwicklung der Tuschmalerei, „suibokuga“, und wurde als spezifischer Malstil von den Japanern übernommen. Diese Methode zielt nicht auf einen „realistischen“ Effekt, auf realistische „Abbildung“, sondern gleichsam auf die Darstellung eines Konzepts. Ein Charakteristikum (traditioneller) chinesischer und japanischer Landschaftsbilder ist, dass sie mit Vorliebe erfundene Landschaften darstellen bzw. Szenerien, von denen die Maler nur gehört oder gelesen hatten. Oft kopierten sie Vorlagen, die ihnen zur Hand waren, oder „montierten“ kopierte Motive zu neuen Arrangements. „Naturdarstellungen“ waren also in einem mehrfachen Sinne „Kunstdarstellungen“, also eine bestimmte Ausprägung von „concept art“. Erst im 18. Jahrhundert begannen japanische Maler wie Itô Jakuchû und Maruyama Ôgyo Natur auch vor und „nach“ der Natur zu malen. Mehr als 80 Prozent der Landschaften auf „fusuma“-Schiebetüren und „byôbu“-Stellwänden, die vor dem 17. Jahr- hundert entstanden sind, zeigen eine Natur, die es nie und nirgendwo gab. Sie sind geschickte und kunstvolle Kollagen aus Pflanzen-, Stein-, Tier- und Fluss-Motiven. Darüber hinaus ver- folgten die Maler offensichtlich weder die Absicht, die Illusion einer „wirklichen“ Landschaft zu evozieren, noch Natur zu „reproduzieren“. Die Kunst-Landschaft sollte nur sich selbst ähnlich sehen; das verlangte auch eine Art „Realismus“, in dem Sinne, dass die einzelnen Motive und die Bildkomposition als solche den Betrachter „überzeugen“ mussten. Vielleicht sollte man sagen: Gefordert war ästhetische Plausibilität. Was an artistischen Fähigkeiten dazu erforderlich war, lernten die japanischen Maler von den alten - chinesischen Meistern. Unter solchen Voraussetzungen scheint nicht nur der vergleichsweise kleine Bestand an Motiven erklärbar, sondern auch der Einsatz effektiver Techniken, wie der „shunpô“-Methode. Bei den Malern der Muromachi-Momoyama-Periode war eine „fuhekishun“ genannte Variante der „Falten-Methode“ überaus beliebt, bei der Felsen so gemalt wurden, als seien sie „mit der Axt“ geformt worden; eine Maltechnik, welche die Felsformationen besonders „wild“ oder „expressiv“ erscheinen ließen. Die Tatsache, dass die japanischen Maler nicht bei chinesischen Meistern, die ihrerseits über 30 verschiedene „Falten-Methoden“ anwendeten - in die Lehre gehen konnten, uploads/Litterature/ kumo.pdf

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