Reiner Winter 1 Philosophie aus dem Land der Mitte Eine Einführung in die chine

Reiner Winter 1 Philosophie aus dem Land der Mitte Eine Einführung in die chinesische Philosophie Inhalt 1. Einleitung 1.1 Das Wort “Philosophie” 1.2 Der geographische Ursprung 1.3 Die Themen der griechischen Philosophie 2. Voraussetzungen der chinesischen Philosophie 2.1 Die chinesischen Sprache 2.2 Pinyin - Die lateinische Lautübertragung 2.3 Grammatik und Denken 2.4 Die chinesische Kultur 3. Grundbegriffe der chinesischen Philosophie 3.1 Sheng - Der chinesische Philosoph 3.2 Yin und Yang 3.3 Dialektisches Denken 3.4 Die Yin-yang-Dialektik 3.5 Dao - Der zentrale Grundbegriff 3.6 Tai ji - Das höchste Sein 3.7 Qi - Die Lebenskraft 3.8 De - Die Tugend 3.9 Wu wei - Handeln durch “Nicht-Sein” 3.10 Die fünf Elemente 3.11 Shui - Das Wasser 3.12 Gong fu - Kampfkunst 3.13 Wing tsun kuen - Verteidigungskunst 4. Die chinesischen Philosophen 4.1 Kong fu zi 4.2 Lao zi 5. Der chinesische Buddhismus (In Vorbereitung) 5.1 Die indischen Wurzeln - Buddha 5.2 Vier edle Wahrheiten 5.3 Der achtteilige Pfad 5.4 Die 5 Gebote der Ethik 5.5. Der Buddhismus in China 1 Die Symbole bedeuten nacheinander: zhe, zhong, guo (= Weisheit, Mitte, Land). Siehe Seite 5 2 www.re-wi.de 1. Einleitung 1.1. Das Wort “Philosophie” Das Wort Philosophie kommt ursprünglich nicht aus der chinesischen, sondern aus der altgriechischen Sprache. Aber das, was dieses Wort bezeichnet, ist viel älter. Es ist eng mit der Entwicklung des Menschen selbst verknüpft; denn seit die Menschen anfingen, über ihre eigene Existenz, ihr Leben, über die Entstehung und den Aufbau der Welt, über ihr Denken und Verhalten, über ihren Körper und Geist, Sinn und Zweck ihres Daseins nachzudenken, haben sie angefangen zu philosophieren. Das altgriechische Wort Philosophie hat zwei Bestandteile: erstens philia, d.h. Streben, Zuneigung, Liebe und zweitens sophia, d.h. Wissen, Weisheit, Klugheit. Philosophie in der griechischen Antike bedeutet also ein Streben nach Weisheit oder auch die Zuneigung zum Wissen, zur Erkenntnis. 1.2. Der geographische Ursprung Philosophie ist eigentlich überall dort entstanden, wo Menschen über sich selbst in der oben angeführten Form nachgedacht haben. Und dies ist sicher auf der ganzen Welt zu unterschiedlichen Zeiten geschehen. Aber im engeren Sinne eines systematischen Nachdenkens, das sich auf einer schriftlicher Sicherung und Überlieferung gründet, taucht Philosophie wohl zuerst in den folgenden drei Gebieten auf: 1. in Indien etwa ab 1000 - 500 v.u.Z. mit den Upanishaden, den philosophischen Schriften der alten Veden, 2. in China etwa ab 800 - 200 v.u.Z. mit dem Yi jing (= Buch der Wandlungen), wohl eines der ersten, geschlossenen Werke in der Geschichte der Philosophie, 3. in Griechenland etwa um 700 v.u.Z. mit den Fragmenten der Vorsokratiker. 1.3. Die Themen der griechischen Philosophie Die ersten griechischen Philosophen, waren wohl die nach der Stadt Milet genannten milesischen Vorsokratiker: Thales, Anaximandros und Anaximines. Sie suchten eine Antwort auf die Frage: was ist der Ursprung (archè) der Welt? Wer oder was regiert die Welt? Dabei entwickelten sie die Methode der Argumentation im Unterschied zur Weissagung und bloßem Glauben und es entstand ein Gegensatz zwischen Logos (der überprüfbare Bericht) und Mythos (die unüberprüfbare Erzählung). Die Griechen entwickelten das, was wir heute eine theoretische Erkenntnis (theoria = reine Betrach- tung) nennen. Die Suche nach vom Zweckdenken der Lebenspraxis unabhängigen Erkenntnis erfasste von Beginn an das griechische Philosophieren. Es ging um eine reine Erkenntnis unserer Welt, sowohl der äußeren als auch unserer inneren. Das letztere wurde durch eine Inschrift am Tor des Tempels zu Delphi zum Ausdruck gebracht, das lautet: “Erkenne dich selbst” (griech. gnqi se auton = gnothi se auton, lat. nosce te ipsum). Philosophie stand methodisch ganz im Gegensatz zur Religion; denn Wissen sollte den Glauben ablösen und die rationale Argumentation sollte anstelle der („unumstößlichen“) www.re-wi.de 3 Dogmen treten. Die philosophische Haltung bei den Griechen ist das ständige Suchen und Zweifeln im Unterschied zum Verharren, zur eingebildeten Sicherheit und damit auch zur Starrheit. Philosophieren bedeutet auch die Bereitschaft zur ständigen Überprüfung und Revision der eigenen Gedanken, wenn überzeugende Argumente dies nahe legen. Dies steht ganz im Gegensatz zum orthodoxen Festhalten an Glaubenssätzen. Die ersten Inhalte der Philosophie waren dann auch Fragen nach der wahren und gesicherten Erkenntnis (gnosis), die nach der Beschaffenheit der Natur (physis), das Verhältnis von Körper und Geist (soma und psychè) und später dann auch die Frage nach dem richtigen und guten Handeln (ethos), d.h. nach ethischen, moralischen Werten und Normen. 2. Die Voraussetzungen der chinesischen Philosophie 2.1. Die chinesischen Sprache Die chinesische Sprache unterscheidet sich sehr erheblich von unserer Sprache. Während die deutsche Sprache zur Indo-Europäischen Sprachfamilie gehört, zählt das Chinesische zur sino-tibetischen Sprachfamilie, die in China, Tibet und Birma beheimatet ist. Das Chinesische ist übrigens nicht verwandt ist mit dem Japanischen, denn diese ist keiner Sprachfamilie zuzuordnen, es ist vielleicht eine singuläre Sprache. Es ist auch nicht mit dem Koreanischen verwandt; denn dies das ist eher eine altaische Sprache, so wie wie die Türksprachen und das Mongolische. Auch ist das Chinesische nicht mit dem Vietnamesischen, das eine austroasiatische Sprache ist, verwandt. Das Japanische hat aber seit dem 8. Jahrhundert v.u.Z. die chinesischen Schriftzeichen übernommen, woher die äußere Ähnlichkeit zu dem Chinesischen herrührt, aber die Strukturen und das Vokabular beider Sprachen sind grundverschieden. Die chinesische Schrift unterscheidet sich sehr stark von unserer indo-europäischen Schrift. Denn sie ist keine phonologische (d.h. keine Laut- oder Buchstaben-) Schrift, sondern eine ideographische (= auf Begriffszeichen beruhende) oder auch logo- graphische (= auf Wortsinnzeichen beruhende) Symbolschrift. Im Unterschied dazu haben wir im Deutschen eine phonologische Laut- oder Buchstabenschrift. Denn wir können beispielsweise das Wort evario lesen und aussprechen, ohne es zu verstehen. Zum Verständnis gehört in unserer Sprache noch die Zuordnung zwischen dem Wort evario und dem entsprechenden Begriff. Das Wort evario aber hat keinen Sinn, es ist ein von mir ersonnenes Kunstwort. Im Chinesischen jedoch wird die Aussprache, die Lautung, nicht geschrieben, vielmehr wird ein Begriff direkt durch ein Zeichen symbolisiert. So stellt zum Beispiel das folgende chinesische Symbol: hao den Begriff “gut” oder “Güte” dar, ohne dass man die Aussprache kennen muss. Dieses Doppelzeichen wird im Hochchinesischen „hao“ ausgesprochen, wobei der 4 www.re-wi.de Buchstabe h wie ein ch bei dem Wort “la|ch|en” gesprochen wird, also etwa: „chao“. Das Symbol setzt sich aus den folgenden beiden Zeichen zusammen: + nü (kniende Frau) + zi (Kind). Das Schriftzeichen stellt also eine kniende Frau vor einem Kind dar und wir erhalten so ein sehr anschauliches Bild von einem menschlichen Urverhalten, das als gut begriffen wird. Dieses Schriftsymbol enthält also schon den Begriffsursprung und stellt zugleich auch eine philosophische Herleitung des ethischen Grundbegriffs gut dar. Mit anderen Worten: wenn ein Chinese das Symbol: (= hao) schreibt oder liest, dann ist bei ihm diese Urform der menschlichen Güte (Mutterliebe) stets anschaulich präsent. Die einzelnen chinesischen Schriftsymbole heißen Logogramme (Wortsinnzeichen) oder auch Ideogramme (Begriffszeichen) und symbolisieren jeweils eine ganzheitliche Bedeutung. Wir kennen in unserer Sprache auch einige Logogramme, z.B. unsere arabischen Ziffern. So ist beispielsweise die Ziffer „2“ ein Logogramm, das je nach Sprache anders gesprochen wird: zwei, two, deux, due usw. Ein Punkt hinter der Zwei „2.“ ist ein phonologisches Zeichen; denn es regelt neben der besonderen Zusatzbedeutung auch noch eine andere Aussprache. Man spricht dann: zweitens, second, deuxième, secondo usw. Die chinesische Sprache kennt keine Wortarten (wie Substantive, Adjektive, Verben usw.), von daher auch keine Flexion (Konjugation und Deklination), und auch keine Unterscheidung zwischen aktiv und passiv. Die in unserer Sprache bekannten Possessivpronomina (mein, dein, euer usw.) wird im Chinesischen durch eine Kehrschaufel ( = de) symbolisiert, die anschaulich darstellt, das etwas zu etwas anderem gehört, also quasi ”hingeschaufelt“, ist. Auch können durch Wiederholung desselben Zeichens Bedeutungsunterschiede gemacht werden. Betrachten wir dazu einmal das wichtige Zeichen: ( ren - sprich wie im Engl. “child|ren”) und wir erhalten die folgenden Unterschiede: a) einfaches Zeichen: ren Mensch, Menschlichkeit, menschlich, b) doppeltes Zeichen: cong (tzung) Begleiter, Begleiterin, begleiten, c) dreifaches Zeichen: zhong (dschung) Menge, viel, vergrößern. 2.2. Pinyin - Die lateinische Lautübertragung Für eine Lautumschrift der chinesischen Schriftzeichen in lateinische Buchstaben wird das im Jahre 1958 von der Volksrepublik China international eingeführte Transkrip- tions-System: Pinyin ( = Buchstabierkunst; Lautschrift der chinesischen Sprache) verwendet. www.re-wi.de 5 Pinyin ( ) Die Aussprache der Pinyin-Umschrift weicht von den deutschen Sprachgewohnheiten stark ab. Hier die wichtigsten Besonderheiten: piyin deutsch Beispiel ao ao |da o|ben c tzh Sitz|tzh|öhe ch tsch Pa|tsch|hand e (stumpf) Ros|e| en Nam|en| ei ei engl. |ei|ght h ch La|ch|en j dch engl |j|eep i i stumm nach c, ch, r, s, sh, z, zh ie je |je|der ia ja ian ien Amb|ien|te iang eng. young iong jung ie je |je|tzt o Wolke ou eng. l|ow| ong ung Acht|ung| u u Hut, u ü nach j,q,x und y wie Tüte piyin deutsch Beispiel ua ua G|ua|temala uan üän wir franz. l’U.N. uai uai engl. |wi|fe ui uei engl. w|ay| un ün m|ün|dig ue üä q tch |tsch|echisch r engl. r|ight| ren engl. “child|ren” mit leichtem sch-Laut s (scharf) Bu|s| sh sch |sch|ön x ch i|ch| y j engl. |y|ear y i nach j, q, x, y yi i L|ie|be z ds engl. Hu|ds|on zh dsch engl. |j|oke zi ds re|ds|elig Ausgenommen bleiben einige bekannte Orts- und Personennamen sowie die Bezeichnungen klassischer Werke, für die es im Deutschen eingeführte uploads/Philosophie/ winter-chinesische-philosophie.pdf

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