ADJEKTIVE MIT NEGATIONSPRÄFIXEN IM HEUTIGEN DÄNISCH EUGENIUSZ RAJNIK Adam Micki

ADJEKTIVE MIT NEGATIONSPRÄFIXEN IM HEUTIGEN DÄNISCH EUGENIUSZ RAJNIK Adam Mickiewicz University in Poznań ABSTRACT: The article offers a classification of adjective prefixes in Danish (section 3) including, among others, native and foreign prefixes (e.g. gen- and a-, respectively), genuine prefixes (e.g. ægte-) and particle prefixes (e.g. anti-). Various definitions of prefixal derivatives have been presented in section 4, while section 5 shows examples of and discusses native and foreign negative prefixes modifying the meanings of adjectives in contemporary Danish. The adjectives in question have been analyzed with regards to their structure and the emotional load they convey. Section 6 concludes the paper and includes comments on the productivity of the prefixes in question, as well as synonymy and antonymy in their usage. 1. EINLEITUNG Im vorliegenden Artikel wird versucht, zu einem besseren Verständnis des Wesens der Adjektive mit Negationspräfixen im Dänischen beizutragen. In der Darstellung soll eine synchron-strukturelle Analyse der genannten Bildungen vorgenommen werden. Der Beitrag setzt sich zum Ziel, die Rolle dieser Wortbildungstypen im Sprachsystem zu analysieren und Kriterien für ihre Klassifikation zu erarbeiten. Meine Aufgabe war es, auf einige Probleme und Tendenzen hinzuweisen, die für den Sprachwissenschaftler und Sprachlehrer von Bedeutung sind. Die Kenntnis der Wortbildungsmodelle, zu denen man u. a. adjektivische Präfixableitungen zählt, ermöglicht bessere Einsichten in die Struktur der Wörter. Sie gehören zu den produktiven Wortbildungsarten im heutigen Dänisch. Es wird versucht, eine Typisierung der adjektivischen Bildungen mit einheimischen und fremden Negationspräfixen im Dänischen vorzunehmen. Ich werde mich hauptsächlich auf produktive Modelle konzentrieren und will zeigen, wie sie entstanden sind. Dabei geht es um die Aufdeckung von FOLIA SCANDINAVICA VOL. 18 POZNAŃ 2015 DOI: 10.1515/fsp-2015-0017 Adjektive mit Negationspräfixen im heutigen Dänisch 37 existierenden Wortbildungsregeln, die der Bildung der untersuchten Strukturen zugrunde liegen und die Grundlage für neue Präfixbildungen liefern. Diese Analyse liefert einen Ausgangspunkt für die Formulierung einiger Regeln und Restriktionen morphologischer und semantischer Art in Bezug auf die oben genannten Präfixableitungen. 2. ZUR MATERIALAUSWAHL Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Sammlung von Beispielen, die in überwiegender Zahl aus den dänischen Standardwörterbüchern (u. a. Politikens Nudansk Ordbog med etymologi /3. udg. 2005/ und Den Danske Ordbog /2003-2005/) stammen. Diesen Wörterbüchern wurden auch Angaben zur Etymologie entnommen. Außerdem wurde die (nicht umfangreiche) wissenschaftliche Literatur über den Gebrauch der adjektivischen Präfixbildungen im Dänischen verwendet, vor allem Pia Jarvads Nye ord – hvorfor og hvordan? (1995) und Aage Hansens Moderne Dansk II (1967), aber manche adjektivische Präfixableitungen, die darin belegt sind, sind nicht mehr aktuell, d.h. sie sind heute bereits veraltet bzw. nicht mehr oder nur selten gebräuchlich. Das in den Quellen Vorgefundene wurde auch auf Grund der eigenen Sprachkompetenz kritisch geprüft. Es wurde angestrebt, eine relativ repräsentative Auswahl von Beispielen zu gewinnen, um die erörterten Probleme näher zu beleuchten. Die Liste der Beispiele ist ohne Schwierigkeit erweiterbar (besonders mit dem Präfix u-), aber die Einbeziehung einer größeren Anzahl von Beispielen in die Untersuchung hätte zu keinen wesentlich anderen Ergebnissen geführt. Bei der Auswahl von Einzelbeispielen wird das Schwergewicht auf diejenigen Präfixbildungen gelegt, die sich bei synchroner Betrachtungsweise analysieren lassen. Im Beschreibungsteil sind auch solche Konkurrenzformen (bei gleicher Basis) miteinbezogen, zwischen denen keine semantische Differenzierung besteht, die sich aber in ihrer Gebrauchsfrequenz unterscheiden, z. B. umoralsk (167) – amoralsk (75). In Klammern wurde die Anzahl der Okkurrenzen im KorpusDK angegeben. Außerdem werden solche Formen berücksichtigt, die semantisch unterschiedlich sind, z. B. usocial ≠ antisocial. 3. EINTEILUNG VON ADJEKTIVISCHEN PRÄFIXEN In morphologischer Hinsicht sind Präfixe gebundene Morpheme, die vor einer Basis auftreten. Sie kommen nicht als selbständige Wörter vor. In derivierten Adjektiven determinieren in der Regel Präfixe das Basiswort 38 Eugeniusz Rajnik (vgl. Donalies, 2005:107), z. B. hyperkorrekt 'sehr korrekt', usikker, urgammel. Sie dienen der Bildung expliziter Derivate und können in der Regel die Wortart nicht verändern, vgl. autoritær – antiautoritær, traditionel – utraditionel. Man unterscheidet zwischen einheimischen Präfixen (z. B. gen-, mis-, sam-, u-, ur-, van-, ærke-) und Fremdpräfixen (z. B. a-, de-, dis-, in-, mega-) (vgl. Rajnik, 2011:104). Manche Präfixe sind betont (z. B. mis- in ˈmisforståelig, ˈmistroisk), andere unbetont (z. B. a- in ateˈistisk). Sie verbinden sich mit Substantiven, z. B. genbrug, megatilbud, Adjektiven, z. B. urgammel, Verben, z. B. begå, bibeholde, und Adverbien, z. B. uheldigvis. Einige Präfixe (z. B. mis-) sind mit allen drei Hauptwortarten kombinierbar, z. B. mistolkning, misforståelig, misbruge. Es gibt jedoch auch solche einheimischen Präfixe (z. B. be- in bemærke), die fast ausschließlich an verbale Basen treten. Man unterscheidet auch zwischen echten Präfixen, z. B. anti-, gen-, mis-, ko-, non-, u-, die nie abtrennbar sind, und Partikelpräfixen, z. B. over-, under, die „freie homonyme Entsprechungen“ (Römer, 2006:32) haben und in der Regel den Hauptakzent tragen, z. B. ˈunderjordisk. Präfixe kommen vor allem in Modifikationsbildungen vor, sie können ein Basislexem grammatisch und semantisch modifizieren. Hansen/Heltoft (2011:249) unterscheiden zwischen echten (z. B. be- in beskrive), festen (z. B. på- in påminde) und freien (z. B. ind- in indsætte, vgl. sætte ind) Präfixen. Es gibt ein begrenztes Inventar an Präfixen, aber es können immer wieder mal neue hinzukommen. Die Reihenbildung ist unterschiedlich, da die produktiven Präfixe offensichtlich Distributionsbeschränkungen unterliegen. Nur einige der in Frage kommenden Präfixe begegnen uns häufiger (besonders u-). Es ist nicht ohne Bedeutung, welches Präfix sich mit welchem Basisadjektiv verbindet. Wo mehrere Bildungsweisen und Präfixe zur Verfügung stehen, gibt es keine völlige Beliebigkeit der Anwendung, sondern gewisse Gebrauchsbeschränkungen. Zwar sind u- und ir- weitgehend austauschbar (vgl. ureligiøs /4/ – irreligiøs /10/), wenn wir die unterschiedliche Frequenz außer Acht lassen. So lässt sich z. B. a- bzw. u- nicht durch non- ersetzen, und es gibt bestimmte distributionelle Unterschiede zwischen diesen Präfixen, vgl. ateistisk : *nonteistisk, umoralsk : *nonmoralsk. Nur wenige Präfixe sind so produktiv, dass sie in großem Ausmaß reihenbildend wirken. Es ist vor allem das Negationspräfix u-, aber nicht jedes Adjektiv scheint mit u- kombinierbar zu sein, und u- unterliegt offensichtlich Gebrauchsbeschränkungen, vgl. *utroende – ikketroende (als Kompositum), wo die Negationspartikel ikke- eingesetzt wird. Adjektive mit Negationspräfixen im heutigen Dänisch 39 4. AUFFASSUNGEN VON ADJEKTIVISCHEN PRÄFIXBILDUNGEN Die Präfixbildungen entstehen durch Kombination eines Wortstamms mit einem Präfix, und sie weisen eine Bedeutungsnuance auf, nämlich Modifikation (vgl. Kessel/Reimann, 2008:106). Die Erweiterung und Modifikation der Lexeme erfolgt mit Hilfe von Präfixen, die im Dänischen ererbt sein können oder griechischen bzw. lateinischen Ursprungs sind. Letztere haben sich im Dänischen eingebürgert, sind aber teilweise auf die Verbindung mit fremdwörtlichen Ableitungsbasen griechischer oder lateinischer Herkunft beschränkt. Für manche Präfixableitungen, besonders mit solchen Präfixen wie anti-, eks-, pseudo-, super-, sind in der Regel englische Muster maßgebend (ähnlich wie im Deutschen, vgl. Erben, 2006:111) gewesen. Manche englische Präfixbildungen sind als Modelle für Analogiebildungen aufzufassen. Präfixale Bildungen sollen folgende Kriterien erfüllen: 1) Der Wortstamm, der meistens eine Ableitung ist, kommt in freier Verwendung vor, vgl. antisemitisk : semitisk. Unberücksichtigt bleiben hier solche Bildungen wie z. B. nonchalant (vgl. nonchalance) : *chalant, dyslektisk (vgl. dysleksi) : *lektisk, weil das zweite Glied als selbständiges Wort nicht existiert. 2) Es liegt ein klarer Motivationsbezug der Präfixbildung auf den Wortstamm vor, d.h. die gleiche Bedeutung ist in beiden vorhanden. Außer Betracht lasse ich im Folgenden die sogenannten Präelemente (meistens lateinischer oder griechischer Herkunft), die bereits in der Basis enthalten sind und sich im Dänischen nur auf diachronischer Ebene segmentieren lassen, z. B. kon- in konstruktiv (vgl. konstruere, dekonstruktiv). Synchronisch gesehen gehören solche Konstruktionen nicht zu Präfixbildungen, sondern stellen Derivate von entsprechenden präfigierten Basisverben dar. 5. ADJEKTIVISCHE PRÄFIXBILDUNGEN MIT EINHEIMISCHEN UND FREMDSPRACHLICHEN NEGATIONSPRÄFIXEN Negationspräfixe kommen bei Adjektiven häufiger als bei Substantiven vor. Bei den adjektivischen Präfixbildungen wird das Basislexem umgebildet und semantisch modifiziert. In der folgenden Tabelle gebe ich eine Übersicht über die Arten der Modifikation der Basis (vgl. Erben, 2006:111). Dabei werden die Negationspräfixe in bestimmte Bedeutungsgruppen eingeordnet, 40 Eugeniusz Rajnik da sich mit jedem Präfix ein bestimmtes semantisches Merkmal verbindet. Die negierenden einheimischen Präfixe und Fremdpräfixe sind vor allem an der Konstitution der folgenden Wortbildungsbedeutungen beteiligt: ART DER MODIFIKATION DER BASIS ZUSÄTZLICHE SEMANTISCHE MERKMALE EINHEIMISCHE PRÄFIXE BEISPIELE Negation a. 'falsch' b. 'nicht' c. 'verkehrt' mis- u- van- misinformeret usikker vanhellig FREMDSPRACHLICHE PRÄFIXE Negation a. 'nicht, gegen' b. ' nicht' anti- kontra- a- an- de- des- dis- dys- in- il- im- ir- non- antikommunistisk kontrarevolutionær ateistisk analfabetisk decentral desinformeret disharmonisk dysfunktionel inaktiv illegal impotent irrationel nonverbal (Tabelle 1) Übersicht über die Arten der Modifikation der Basis. Ich wende mich nun der Darstellung einheimischer und fremdsprachlicher Negationspräfixe im Einzelnen zu. Die meisten von ihnen (mit einigen Beispielen) sind bereits bei Hansen (1967 II:447-451) in den Abschnitten „Hjemlige præfikserˮ und „Fremmede præfikserˮ vorhanden. Es muss bemerkt werden, dass die Distribution der einheimischen Präfixe (mis-, u-, van-) nicht so stark eingeschränkt ist wie die der Fremdpräfixe, die sich hauptsächlich mit fremdwörtlichen Basen verbinden. Die Kriterien der Beschreibung sind das jeweilige Präfix und seine Funktion (die im Präfix enthaltenen Merkmale). Es kann nicht die Aufgabe dieser Darstellung sein, auf die Präfixe in aller Ausführlichkeit einzugehen, deswegen wurden nur besonders typische Beispiele herangezogen. Die anschließende Übersicht über die Typen von negierenden Präfixableitungen im modernen Dänisch erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und berücksichtigt nur die Fakten, die für die Analyse der oben genannten Konstruktionen relevant sind. Der folgende Überblick ist alphabetisch uploads/Geographie/ 10-1515-fsp-2015-0017.pdf

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