Sonderdrucke aus der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg MAURUS REINKOWSKI Eine

Sonderdrucke aus der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg MAURUS REINKOWSKI Eine phonologische Analyse türkischen Wortgutes im bagdadisch-arabischen mitsamt einer Wortliste Originalbeitrag erschienen in: Folia Orientalia 31 (1995), S. [89]-115 POL JA ORIENTAL 1A VOL. 31 1995 PL ISSN 0015-5675 MAURUS REINKOWSKI EINE PHONOLOGISCHE ANALYSE TÜRKISCHEN WORTGUTES IN BAGDADISCH-ARABISCHEN MITSAMT EINER WORTLISTE Die folgenden Ausführungen basieren auf der Auswertung des 1967 veröffentlichten Wörterbuches von Daniel Woodhead und Wayne Beene: A Didionary of Iraqi Arabic. Arabic-English. Washington, D. C.' Aus dem Wörterbuch wurden 246 türkische Wörter extrahiert — nicht eingerechnet die Bildungen mit den türkischen Suffixen -ei, -sizz usw.' Die Ergebnisse wurden durch die Befragung von drei Gewährspersonen aus Bagdad überprüft. Deren Angaben wurden in der phonologi- schen Analyse berücksichtigt. Die Untersuchung geht von der einengenden und der Realität sicherlich nicht vollständig gerecht werdenden Definition aus, daß das türkische Wortgut im bagdadisch-arabischen Dialekt unmittelbar durch in Bagdad lebende Türken vermittelt wurde und daß der Übergang vom Türkischen zum Bagdadisch-Arabischen allein den gi/it-Dialekt betrifft. 3 Das Türkische ist in dieser Arbeit gleichgesetzt mit dem Osmanischen. Es gibt einige wenige Lexeme, die wahrscheinlich aus den türkischen Dialekten Anatoliens stammen. Als Beleg für das türkische Lehnwort wird die türkische Schreibung des 20. Jahrhunderts angesetzt. Eine solche Konvention schmälert zugegebenermaßen den Wert der phonologischen Analyse. 1 Die von Woodhead und Beene verwendete Transskription wurde der in Deutschland allgemein üblichen Transskiiptionsweise angeglichen, z.B. 101 /t/, /81 —• /df, 11 /9, /c/ lhI, ix/ --> /j/ /aal tuu/ /ü/ usw. 2 Vergleiche auch den Beitrag "Türkische Lehnwörter im Bagdadisch-Arabischen: Morphologische Adaptation an die arabische Schemabildung und Bedeutungsveränderung", in: Dritte deutsche Turkolo- genkonferenz (Leipzig, Oktober 1994), der auf demselben Material basiert. 3 Zu den gilt-Dialekten siehe Blanc, vor allem S. 167-170. 90 L PHONOLOGISCHE ANALYSE Die Untersuchung verzichtet auf eine phonetische Analyse des türkischen Wortgutes im Bagdadisch-Arabischen (fortan "BA") und beschränkt sich auf eine phonemati- sche Darstellung. Das Inventar der Vokale besteht sodann aus den kurzen Vokalen /i/, /u/, /a/ und den langen Vokalen fit, /ü/, /ä/, e und /ö/. Die beiden letzten können entstehen als Monophthongisierung von hocharab. /ay/ und /aw/ oder durch gung der türkischen Phoneme /e/ und /o/ bzw. /ö/. Dem Gehör des Verfassers nach zu urteilen (so wie die Lexeme von den Gewährspersonen ausgesprochen werden) sind die langen Vokale in ihrer Klangqualität stabiler. Die kurzen Vokale zeigen dagegen eine große Bandbreite an Allophonen, dies scheint mir besonders auf /a/ zuzutreffen. Am Wortende wird es oft als [e] artikuliert, häufig ist auch [e] oder [i]. Weitaus weniger Variation an Allophonen zeigt /i/. In emphatischer Umgebung klingt es meist dunkel, so daß man verleitet wäre, bei den türkischen Lehnwörtern an eine direkte Fortführung des türkischen dunklen /1/ zu denken. Am stabilsten ist wohl /u/. 1. Emphatische Konsonanten und der Bereich der Emphase Neben den primären emphatischen Konsonanten /t/, /d/ gibt es im BA noch eine Gruppe von sekundären emphatisierbaren Konsonanten /p,b,f,m,z,I/, die auch /p,b,rp,z,l/ lauten können. Eine phonematische Umschrift würde in der Regel auf die Kennzeichnung dieser sekundären emphatischen Konsonanten verzichten, da es sich ja nur um Variationen eines einzigen Phonems in verschiedener Umgebung handelt, ohne jede Rückwirkung auf die Bedeutung des betreffenden Wortes. In Woodhead und Beene (fortan als „WOB") werden diese teilweise angeführt und damit eine richtige Aussprache erleichtert. Die Kennzeichnung erfolgt aber manch- mal willkürlich und ist nicht konsistent. So heißt es /qultuk/ (377) und /balta/ (42), aber dann müßte es auch /pälto/ oder sogar /pälto/, statt nur /pälto/ (51), heißen. Wenn Wörter mit nur sekundären emphatischen Konsonanten markiert werden, wie /maZ;a/ (432) und /guzipa/ (72), so hätte dies auch zu gelten für dolina (171) und gazina (372)4. Weiters z.B. sind das /h/ von /qahaü/ und das /h/ und /1/ hei qa- labalig von allen Gewährspersonen stark velarisiert ausgesprochen worden. Festzu- 4 Zur Frage der emphatischen Konsonaten siehe Wallace Erwin, A Riference Grammar Irayi Arabic. 1963,S. 12-17,36f. 91 halten bleibt, daß die emphatische Aussprache oft den gesamten Bereich eines Wortes erfassen kann. Bei türkischen Wörtern, deren Vokale der „hinteren" Klasse /a,t,o,u/ zuzurechnen sind, entwickelt sich leicht eine emphatische Aussprache des gesamten Wortes', die im BA natürlich durch primäre und sekundäre emphatische Konsonanten wiedergegeben wird. Türkische Wörter tnit Vokalen der „vorderen" (auch „hellen Vokale" genannt) Klasse /e, ö,ü/ werden im BA keinen emphatischen Reflex finden. Die einzige offensichtliche Ausnahme ist türk. Nete/ --> ba. /Uta/ (83), das nach Gewährsperson (im folgenden als „G") 1 /Uta/ ausgesprochen wird. 2. Veränderung der Konsonanten 2.1. Die Gruppe der Velare6 ist beim Übergang türk.--e. ba. von zahlreichen Ver- änderungen betroffen. Die im Türkischen rein allophonische Verteilung k/q, die nur in Wörtern mit hellen bzw. dunklen Vokalen aufscheinen, wird im BA phone- misiert. Das Osmanische, mit arabischen Buchstaben geschrieben, gibt die Tre i ung zwischen türk. präpalatalen und postpalatalen /k/ als ,5 und noch wieder. Türk. /q/ ba. igi, nur am Wortende (in der Aussprache wird /k/ durchgehend stimmlos als [x] realisiert): /a9ik/ /I6u*/, ocak/ /öge, /bacak/ --> /bagak/, /bardak/ -› /barde, yazik/ /yä. -zug/, iyasak/ /yasaki; mit den Ausnahmen: The bozuk/ --> [auch] /bigbuzuq/, /bayrak/ [auch] fMraq/ und isucuk/ --> [nur] /suguql, /kuruk/ -> [nur] /quruq/ 11c/ -> /gi, nur am Wortende. Analog zu (/q/-->/k/) wird hier der Schlußkonsonant stimmlos realisiert, also wie [k]. Nur in den Pluralformen wird deutlich, daß die stin -unlose Aussprache ein Allophon von /g/ ist: /atag/, pl. /atagät/, aber [ätok], pl. [ätogät]. Wie es sich bei (/q/-->/k/) nur um türk. Wörter mit dunklen Vokalen handelt, so fallen unter (/k/->/g/) nur solche mit hellen Vokalen: /etek/ --> /atagi, /börek/ --> /bürag/, /direk/ -> /dalag/, /gümrük/ -> /gutnrug/, /kepenk/ /kabang/. Mit vielen Ausnahmen, siehe (/k/->/k/). 11d -3. !g/, im Wortinneren (nur nach Konsonant): /tüfek/ ---> /tufga/, /fi§ek/ /figga/. ig/, (immer nach Vokal): /aga/ -> Jaga/, /baga/ -> /bäka/, /boyunbagt/ -> /böyinbäki, /dagli/ -> /däili/, /dogru/ -> /döüri/. /g/ /g/ (nur nach einem Konsonanten und gefolgt von einem dunklen türk. Vokal): 5 Vergleiche Deny, S. 54. 6 Die Einteilung der Konsonanten richtet sich nach der Tabelle von Erwin, op.cit., S. 3. 92 iburgu/ -> /burkii, /dalga/ -> /dälka/, /damga/ --> /tamka/. /q/ /V: Dieser nicht vorhersehbare Wechsel von einem velaren zu einem postpala- talen Laut entsteht wohl dadurch, daß der gutturale Charakter des türk. /q/ nicht sehr stark ausgeprägt ist. Auch verdient Beachtung, daß es sich bei den aufgeführten Wörtern durchweg um europäische Lehnwörter handelt, bei denen die für genuin tiirk. Wörter deutliche Trenung zwischen Vokalen der vorderen und hinteren Klasse weitgehend aufgehoben ist: /iskarpin/ /skärpint, ilastik/ /kupa/ -> /ktipai. Sehr häufig ist auch Konstanz: /q/ -› /q/: faski/ --> fäsqi/, /§aka/ --> /gaqa/, /kap/ --> /qäb/ (wie überhaupt alle mit einem postpalatalen /k/ anlautenden türk. Wörter), /makarna/ /magarna/. 1k/ -> /k/: /tek/ -> /takk/, Nürük/ -> /Curuk/, /9ekmece1 Makmas6a/, /9ilek/ -> /eilak/, /kerete/ --> /karata/. Ig/ Igi: im Gegensatz zu (/g/->/k/) nur bei türk. Wörtern mit hellen Konsonanten: /tezgäh/ [wegen seiner Entlehnung aus dem Persischen ist hier das /a/ nicht als dunkel zu betrachten] -> /tisgä/, /sürgü/ -> /surgi/, isüngü/ -> /sungi/. Weitere Veränderungen im Bereich der Konsonanten: 2.2. /t/---> /41/. Zu beachten ist jedoch, daß schon das Türk. bei anlautenden dentalen Verschlußlauten oft zögert: /ta§/ oder /da/ „Stein", /tat/ oder /dat/ „Geschmack". Das Osmanische neigt ab dem 19. Jh. — unter dem Einfluß der anatolischen Dialek- te — zu stimmloser Aussprache'. Die stimmhafte Aussprache kann also schon auf ältere osmanische Aussprachevarianten zurückgehen: hatli/ /dätli/, /ta§lama/ /di§lama/, /tambuz --> idambüs/, und medial /apteshane/ --> /abdasbäna/. /p/ --> /b/. Auch hier gilt das schon für (/t/-->/d/) Gesagte, so gibt es z.B /bastirma/ und /pastirma/ (jedoch ist im Türkischen die Differenz zwischen /p/ und /b/ im Anlaut schon stärker ausgeprägt): /pi§tov/ -> /bigtäwa/, /tepsi/ --> /tabsi/, /ispanak/ -> /s1:Znäi/, /kapak/ ---> /qabak/. Ausnahmen: /baston/ /pästön, /iskarpin/ --> /skärpin/. 2.3. Zwei Paare von Konsonanten scheinen anfällig für Vertauschungen: Der häufigste Fall von Vertauschung ist die Substituierung des lateralen Lautes /V durch den apikalen Vibrationslaut /r/ und umgekehrt: /// --> /tulumba/ --> /trumba/; und In/ -> /V: /direk/ --> /dalag/, /kumbara/ --> /qumbula/. 7 Deny, S. 77. 93 In/ --> /1/: /sarrunun/ -> /sammüle/ (nach G 2), /iskarpin/ -> iskärbil/ (nach G 1, 3) 8, Im Arabischen wird /n:m/ vor /b/ neutralisiert zu /m/. Für diese Tendenz gibt es nur ein Beispiel: /boyunbaki/ -> /bäyimbe (nach G 1 und 3). 2.4. Bei den Palatalen /§/, /ä/ kommt es vereinzelt zu Veränderungen: /c/ - ' MV: /ekinece/ -> /eakmaea/ (durch Angleichung an den anlautenden Palatal?). ki /g7: kizme/ -> rguzina/, Nanta/ -> /kunta/. 4/ -> Nar§af/ -> /eareaf/ (durch Homogenisierung mit dem Anlaut der ersten Silbe?), /§innga/ -> /erunqa/. 2.5. Selten kommt auch Assimilierung In! --> All vor': /birli/ -> /billi/, Namurluk/ -> reämulle. 2.6. Die Affrizierung von /kt /öl, die im BA eigentlich recht häufig auftritt, 10 findet sich hier nur bei /kepenek/ /eibna/ und bei der innerarab. Bildung /tireiyya/. 2.7. Anlautendes türk. ih/ wird meist stark aspiriert ausgesprochen und deswegen im BA als /4/ reflektiert: /havlu/ /13äwlif, /harum/ -> ftianirn/, aber /hayval -> /lAwa/. 2.8. Die Konstanz der Konsonanten bei der Entlehnung Türk. BA ist recht hoch. Nur ein Fall von regelrechter Elision eines Konsonanten ist belegt: /lazartma/ /qazätma/ (G2 jedoch: /qazartma/). uploads/Management/ tuerkisch-phonologische-analyse-pdf.pdf

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  • Publié le Jul 24, 2022
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