Grammatiktheorien Teil 1 Grammatik – Begriff und Geschichte Strukturalismus: Sa
Grammatiktheorien Teil 1 Grammatik – Begriff und Geschichte Strukturalismus: Saussure Inhalt der Vorlesung • Begriffsklärung • Historisches zur Grammatik(-theorie) • Grammatikmodelle • Grundbegriffe der syntaktischen Analyse • Grammatiktheorien (GB, LFG, HPSG, OT) – Überblick – Anwendungen Ziele der Vorlesung • Einblick in die historische Entwicklung von Grammatik(-theorien) • Überblick über verschiedene Theorien • Theorien im Praxistest Fundierung der eigenen Arbeit durch eine theoretische Basis Entscheidungshilfen für die Wahl einer bestimmten Grammatiktheorie als Grundlage der eigenen Arbeit Grammatik • Wissen und Lehre von den morphologischen und syntaktischen Regularitäten einer natürlichen Sprache • Behandlung der formalen Aspekte der Sprache (ohne Phonetik/Phonologie, Semantik und Pragmatik) Grammatik als … • … Strukturelles Regelsystem • … Sprachtheorie: Abbildung der Kompetenz • … Lehrbuch/Nachschlagewerk: Systematische Beschreibung der formalen Regularitäten einer natürlichen Sprache Verschiedene Grammatiken Grammatiken werden unterschieden nach … – … Untersuchungsziel • Kompetenzgrammatik: Abbildung der Kompetenz (vgl. Transformationsgrammatik) • Korpusgrammatik: Umfassende Beschreibung der beobachtbaren Regularitäten einer Sprache – … theoretischer Zielsetzung • Grammatik einer Einzelsprache • Universelles Beschreibungskonzept Verschiedene Grammatiken (2) – … methodischen Prämissen: • Deskriptive Grammatik: Objektive Beschreibung synchronischer Tatbestände • Normative Grammatik: Belehrung über den richtigen Sprachgebrauch • Distributionelle Grammatik: Klassifizierung von Oberflächenstrukturen nach Kriterien ihrer Verteilung • Operationelle Grammatik: Beschreibung der Regularitäten aufgrund der Prozeduren, die zu ihrer Auffindung angewendet wurden Verschiedene Grammatiken (3) – … Benutzer • Wissenschaftliche Grammatik • Pädagogische Grammatik – Volksgrammatik – Schulgrammatik Muttersprachlich oder fremdsprachlich Verschiedene Grammatiken (4) – … Sprachauffassung: Verschiedene Grammatikmodelle: • Allgemeine Grammatik • Dependenzgrammatik • Funktionale Grammatik • Inhaltsbezogene Grammatik • Kasusgrammatik • Strukturelle Grammatik • Transformationsgrammatik/Valenzgrammatik Grammatik früher • Philologie: Sprachanalyse zur Erfassung der historischen Entwicklung der Sprache (18./19.Jh.) • Sprachwissenschaft/Linguistik (20.Jh.) Grammatik früher – Die Griechen • Plato: Kratylos Dialog über Ursprünge der Sprache und das Wesen der Bedeutung • Hermogenes: Sprache ist durch Übereinkunft entstanden • Kratylos: Sprache ist natürlichen Ursprungs, innerer Zusammenhang zwischen Wörtern und Dingen Naturalismus • Aristoteles: De interpretatione • „Kein Name existiert von Natur aus, sondern nur dadurch, dass er zum Symbol wird.“ Konventionalismus Grammatik früher – Die Griechen (2) • Stoiker (3.Jh. v. Chr.) • Festlegung der grammatischen Grundbegriffe Kategorien, Flexion • Dionysios Thrax (100 v.Chr.): erste formale griech. Grammatik • Hauptinteresse: Schrift (Grammatik, Etymologie); daneben: Artikulation • Ziel: Bewahrung der Sprache vor dem Verfall Grammatik früher – Die Römer • Übernahme der Kategorien und Terminologie der Griechen (Ausnahme: Varro, De lingua latina) • Sprachbetrachtungen durch Cicero (Stil), Quintilian (Rhetorik) und Julius Caesar (Grammatikregeln) • Große Grammatiken: – Aelius Donatus: Ars maior (4.Jh.) – Priscian: Institutiones grammaticae (6.Jh.) • Entwicklung eines Modells zur grammatischen Beschreibung („traditioneller Ansatz“) Grammatik früher – Die Inder • Zeitgleich mit Griechen und Römern Entwicklung eines Verfahrens zur exakten deskriptiven Analyse • Systematische Erfassung der alten Sprache in den Veden zum Zweck der Religionsausübung – Sprachwandel = Entweihung (nicht Verfall) – Vedanga: Hilfsdisziplinen für Phonetik, Etymologie, Grammatik, Metrik – Sutras des Panini (5./7.Jh.): Astadhyayi (8 Bücher) mit Regeln zur Wortbildung, genaue phonetische Beschreibungen Grammatik früher – Im Mittelalter • Grammatik als Grundlage allen Wissens • Basierend auf Priscian und Donatus • Ab 8.Jh.: Entstehung bedeutender Grammatiken des Arabischen • 13./14.Jh.: spekulative Grammatiken suchen Erklärung für Grammatikregeln in der Philosophie – Betrachten Unterschiede zwischen den Sprachen als oberflächlich – Existenz einer Universalgrammatik Grammatik früher – Ab der Renaissance • Missionstätigkeit führt zu umfangreichem Sprachmaterial Sprachen des Ostens und Chinas • Studium der Bibel hebräisch • 15.Jh. Spanisch und italienisch • 16.Jh. Grammatiken exotischer Sprachen • Systematische Untersuchungen europäischer Sprachen Grammatik früher - 17./18.Jh. • Weitere Entwicklungen: – Anfänge für systematischen Ansatz in Phonetik – Ausbreitung traditioneller Grammatiken an den Schulen – Entwicklungen allgemeiner Grammatiken z.B. Grammatik von Port-Royal (1660) – Verfasst von Arnauld und Lancelot – Allgemeine theoretische Grammatik – Auf der Basis von Griechisch, Latein und Französisch – Entwicklung universeller Kategorien – Ansatz zur Unterscheidung von Oberflächen- und Tiefenstruktur Grammatik früher - 19./20.Jh. (1) • In Europa: – Beginn der vergleichenden Sprachwissenschaft – De Saussure (1857 – 1913): Sprache als System – Einflüsse in Semiotik und Strukturalismus – Prager Schule Grammatik früher - 19./20.Jh. (2) • In Amerika: – Beschreibung von vom Aussterben bedrohten Sprachen • Keine schriftlichen Zeugnisse • Boas: Handbook of American Indian Languages (1911) • Sapir: Language (1921) – Genaue Kenntnis der zu erforschenden Sprache als Basis für Analyse – Bloomfield: Language (1933) • Strukturalistischer Ansatz zur Analyse • Behavioristische Sichtweise auf Linguistik Amerikanischer Strukturalismus Strukturalismus De Saussure (20. Jh.): Sprache als präzise erfassbares, formal exakt darstellbares, relationales System von formalen Elementen Sprachwissenschaft als autonome Wissenschaft Junggrammatiker • Positivismus: – exakte Beschreibung des sinnlich Wahrnehmbaren – Feststellung der Beziehungen zwischen seinen Elementen Einzelsprachliche Gegebenheiten – kein Interesse an Semantik – Nicht Sprache als Ganzes (System) – Möglichst wenig Abstraktion • Hauptvertreter: Wilhelm Braune, August Leskien,Karl Brugmann, Hermann Osthoff Leistungen der Junggrammatiker • Nachweis der indogermanischen Sprachfamilie (durch Nachweis der Verwandtschaftsverhältnisse) • Nachweis historischer Gesetzmäßigkeiten der sprachgeschichtlichen Entwicklung (1./2. Lautverschiebung, Vernersches Gesetz) • Hauptwerk: Prinzipien der Sprachgeschichte (Hermann Paul, 1846-1921) Ferdinand de Saussure1 • 1857 – 1913 • Vorlesungen in Genf 1906 • 1907 – 1911 zur allgemeinen Sprachwissenschaft • Grundlage des Buches Cours de linguistique générale • Posthum herausgegeben von Charles Bally und Albert Sechehaye 1s. Folien zur Vorlesung von Prof. Dr. H. Lobin: „Grammatiktheorien im 20. Jahrhundert“ De Saussure (2) • Zentrale Fragen – Was ist das überhaupt,Sprache? – Was ist das spezifisch Sprachliche der Sprache? • Sprache als einheitliches Ganzes • Sprache nicht mehr als Ansammlung isolierter Elemente … • … sondern als System De Saussure (3) • Saussure-Paradigma – Le langage: allgemeine Sprachfähigkeit, menschliche Rede – Les langues: die verschiedenen (Einzel- )Sprachen (überindividuelle, soziale Gegebenheit) – La parole: das Sprechen („die Summe von allem, was die Sprachgenossen reden“) De Saussure (4) • Trennung von langue und parole von Sprachwissenschaftlern übernommen: – Sprachbau vs.Sprachgebrauch – Sprachsystem vs. Sprachverhalten – Sozialer Sprachbesitz vs. Individuelle Sprechäußerung – Sprachgebilde vs. Sprechtätigkeit – Code vs. Mitteilung De Saussure – Begriffsdichotomien • Vier grundlegende Begriffsdichotomien – langue – parole – Diachronie – Synchronie – signifiant – signifié (Zeichenausdruck – Zeicheninhalt) – Paradigma - Syntagma Begriffsdichotomien (2) • Diachronie – Synchronie – Diachron: Sprache als sich ständig wandelndes Medium – Synchron: Sprache als lebendiges Ganzes (Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt) Diachrone Forschung erfordert synchrone Analyse De Saussure – Begriffsdichotomien • Vier grundlegende Begriffsdichotomien – langue – parole – Diachronie – Synchronie – Paradigma - Syntagma – signifiant – signifié (Zeichenausdruck – Zeicheninhalt) Begriffsdichotomien (3) • Paradigma – Syntagma – Syntagmatisch: Beziehung zwischen den in linearer Abfolge stehenden Elementen – Paradigmatisch (assoziativ): Zeichen in Kontrast zu anderen Zeichen – Anwendbar auf alle Ebenen der Sprache Sprache als Geflecht zusammenhängender Strukturen De Saussure – Begriffsdichotomien • Vier grundlegende Begriffsdichotomien – langue – parole – Diachronie – Synchronie – signifiant – signifié (Zeichenausdruck – Zeicheninhalt) – Paradigma - Syntagma Begriffsdichotomien (4) • Signifiant - signifié – Signifiant: das Bezeichnende (Lautbild/image acoustique) – Signifié: das Bezeichnete (Vorstellung/concept) – Zeichen: • Verhältnis zwischen den beiden • Grundeinheit der Kommunikation • Zuordnung arbiträr, aber nicht individueller Willkür ausgeliefert, sondern konventionalisiert • Sprachzeichen ist nicht Name für etwas außersprachlich Gegebenes – Langue als System von Zeichen Sprachanalyse bei Saussure • Synchronisch • Auf Grundlage eines repräsentativen Korpus • Durch Segmentierung (syntaktisch) und Klassifizierung (paradigmatisch) Strukturelle Linguistik Strukturelle Linguistik • Sprache als Struktur • Zunächst nur als Ansatz in der Phonologie, Morphologie und Grammatik – Prager Schule – Kopenhagener Schule • Gründung 1933 durch Hjelmslev und Brøndal • Suche nach einer dem Phonemsystem entsprechenden Struktur auf Seiten des Inhalts • Eher theoretisch ausgerichtet, keine Förderung der sprachlichen Beobachtung – Amerikanischer Strukturalismus Strukturelle Linguistik – Prager Schule • Gründung 1926 durch Mathesius, Havranek, Trnka, Skalicka, Trubetzkoy, Jakobson • Thesen: – Untersuchung der Funktion sprachlicher Elemente in der Struktur Funktionale Linguistik – Sprache als Korrelat der außersprachlichen Wirklichkeit Wortschatzuntersuchungen – Sprache wird nicht als reine Form verstanden – Ablehnung asemantischer Theorien Literatur – Grammatik früher: • Crystal, David (1993). Die Cambridge-Enzyklopädie der Sprache. Campus, Frankfurt/Main, New York. – Strukturalismus • Geier, Manfred (1998). Wie Ferdinand de Saussure die Linguistik begründet hat. In: Geier, Manfred (1998). Orientierung Linguistik. Rowohlt, Reinbek. • Bierwisch, Manfred (1966). Strukturalismus.Geschichte, Probleme und Methoden. In: Kursbuch 5. Suhrkamp, Frankfurt/Main. – Zeichentheorie • Stetter, Christian (1999). Schrift und Sprache. Suhrkamp, Frankfurt/Main. uploads/Litterature/ grammatiktheorien-1.pdf
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- Publié le Aoû 24, 2021
- Catégorie Literature / Litté...
- Langue French
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