NOCHMALS HARLEKIN. 1. Über ein so schwieriges wortgeschichtliches Problem, wie

NOCHMALS HARLEKIN. 1. Über ein so schwieriges wortgeschichtliches Problem, wie es Harlekin darstellt, wird sich schwerlich ein consensus omnium erzielen lassen. Immerhin hat der Versuch, in dem Wort einen Ausdruck der germanischen Totenmythologie nachzuweisen1), in den vorliegenden Besprechungen weit- gehende Zustimmung, darunter bei so berufenen Urteilern wie Holthausen, Ranke und v. Wartburg, gefunden.2) 1) Harlekin. Germanischer Mythos in romanischer Wandlung: Anglia 61 (1937), S. 225—340; auch als Sonderdruck Halle (Niemeyer) 1937. Zitate [HarL] im folgenden beziehen sich auf die Seitenzählung des Aufsatzes. 2) Zustimmend äufsern sich Holthausen, Lbl. g. r. Phil. 60, 305; F. Ranke, D. Vjs. 19, Referateheft S. 30; L. Wolff, Zs. f. d. Büdg. 15,434 (mit ergänzendem Hinweis, dafs die Bezeichnung *üer(e)la cyn% erst mög- lich wurde, als man die Gestalt nicht mehr als Gott nahm); v. Wart- burg, Zs. rom. Phil. 58, 627 (bis auf einen Einwand gegen die beiläufige Ausführung Uarl. S. 328, Anm. 7 über afrz. herk, herlir); E. Richter, Zs. frz. Spr. 62, 502ff. (mit dankenswerten Ergänzungen 8. 504f. zu den laut- geschichtlichen Erörterungen HarL S. 328; zu der Entwicklung von der maisnie Hellequin zur komischen Figur vgl. die Bedeutungsverschiebung von frz. malin, wozu E. Lere h "Deliver us from evil" in Romance Languages-. Romanic Review febr. 1940, bes. S. 69ff.); Mosso, Bull. Soc. Lang. 39/3, S. 126; Brandl Arch. 172, 235 (denkt jedoch auch wiederum an ae. cyn •Volk', wozu vgl. HarL S. 272); Dörrer, Geistige Arbeit 20. 12. 1938, S. 14; Petsch, D. Vjs. 16, Referateheft S. 121; mit einigen allgemeinen Vorbehalten auch Bourciez, Rev. des langues rom. 68, 212. Ablehnend ohne Begründung und wirkliches Eingehen auf die These des Buches urteilt Piquet, Rev. Germanique 1938, S. 73. Mit Ausführung von Gründen lehnt v. H a me l, Museum 46, 80 ff. ab: v. H. erhebt zunächst allgemeine Einwände gegen die Ausführungen über Wodan und die Wilde Jagd, in deren Auffassung er Meisen (vgl. HarL S. 286ff.) näher zu stehen scheint; er stimmt zwar zu, dais herk· die ursprüngliche Gestalt des ersten Gliedes sei, hält aber — ohne Begründung — im zweiten Glied -kin für weniger gesichert und setzt sich für Beibehaltung der überlieferten Form Herle- thingus bei Map (vgl. unten S. 62) ein. Vor allem aber hält v. H. im Hin- blick auf die weite Verbreitung in Nordfrankreich bis zum Elsafs engl. Brought to you by | Ruhr-Universität Bochum Authenticated Download Date | 2/9/17 5:25 PM 60 HERMANN M. FLASDIECK, Anderer Meinung ist vor allem Krogmann in einem längeren Aufsatz1), der indes weder nach seinem gesamten Aufbau noch nach der darin vorgetragenen neuen Deutung als eine Förderung des Problems zu bewerten sein dürfte. Von den Darlegungen erscheinen gut zwei Drittel entbehrlich, die lediglich bereits in der eben genannten Abhandlung ent- haltene Materialzusammenstellungen und Ausführungen oft in recht engem Anschluls im Einzelnen, wenn auch nicht in der Gesamtanordnung, wiederholen, ohne dais im Hinblick auf die neu beigesteuerten Erwägungen eine Notwendigkeit dazu vorgelegen hätte; dabei geht es nicht ohne Schiefheiten und Druckfehler ab.2) Auch der Abdruck der Stellen aus Map im Wortlaut3) wäre nach den Inhalts wiedergaben4) gerade heutzutage sehr wohl zu entbehren gewesen. Immerhin nähern sich hier die Darlegungen bereits dem Kern der Sache, dem Problem der Etymologie von Harlekin. Krogmann5) macht sich zwar die von Driesen abweichende6) Aufstellung zu eigen, dais Gestalt und Name Harlekins durch normannische Vermittlung von England nach Frank- reich gekommen sind, meint aber, dais die Herkunft Harle- kins auch heute noch nicht richtig erkannt sei (,,Weil man die Überlieferung, die uns über den Ursprung Harlekins auf- klärt, nicht so hinnahm, wie sie sich uns bietet, sah man an ihr vorbei"7)) und kommt zu dem neuen Ergebnis, dais das Germanische sich nur als der Vermittler einer keltischen Vorstellung und ihres Namens erweise.8) Ursprung des Wortes für unannehmbar: De naam Herlekin kan zoer good van Zuid-Nederlandse herkomst zijn en zijn bekendheid in Engeland aan Zuid-Nederlandse kolonisten te danken hebben. Maar dan krijgt de vorm Herlewinus (bij Pieter van Blois) nieuwe waarde naast het bekende Hale- wijn van het Zuid-Nederlandse lied. Über Herlewinus vgl. unten S. 64; weiteren Ausführungen über den angedeuteten Zusammenhang mit dem holl. Halewijn wird die Forschung mit Interesse entgegensehen. l) Harlekins Herkunft: Volkstum und Kultur der Romanen XIII (1940), S. 146—161. *) Schief ist der Ausdruck S. 157, Z. 22 „Ausgabe von 1474", wozu vgl. Harl 244. Druckfehler sind S. 146, Z. 15 phalangas statt richtig -es und S. 153, Z. 6 [ndga] statt richtig [ndja], besonders ärgerlich S. 1461) 1885 statt richtig 1585. 3) Krogmann S. 149—151. 4) Harl. 251 f. 5) S. 148. e) Harl. 329. 7) S. 146. 8) S. 161. Brought to you by | Ruhr-Universität Bochum Authenticated Download Date | 2/9/17 5:25 PM NOCHMALS HARLEKIN. 61 Der Vorwurf Krogmanns, dais auch die Forschung der allerletzten Jahre an der Überlieferung vorbeisehe, bezieht sich in erster Linie darauf, dais ich ,,die glücklicherweise auf uns gekommene Sage um König Herla . . . nicht in den Mittelpunkt der Erörterungen rücke".1) Praktisch tut das Krogmann ebensowenig, es sei denn, dafs man den Abdruck des vollen Wortlautes aus Map statt der Inhalts- wiedergabe2) so wertet. Die Herlasage in den Mittelpunkt zu rücken, ist ja auch kaum möglich, da man darüber eben nicht mehr weifs, als was Map berichtet.3) Krogmanns Erörterung beschränkt sich auf die Sätze, ,,dafs Herla in der von Map aufgezeichneten Sage ausdrücklich als ein britischer König hingestellt wird. Zu einer Beanstandung dieser Angabe liegt aber um so weniger Grund vor, als Walter Map . . . . sich selbst als 'marchio Wallensibus' . . . bezeichnet. Auch ist die Vorstellung von der Wilden Jagd ja keineswegs nur ger- manisch . . . . gerade auch den Kelten zuzuerkennen. . . König Herla ist eine der vielen Formfüllungen, die uns in grofser Mannigfaltigkeit entgegentreten".4) Die letzteren Feststellungen finden sich bereits a. a. O. 286 (,,Wenn J. Grimm ihn als exklusiv germanisch ansah, so erkannte die Folgezeit doch bald mehr oder minder Verwandtes auch bei ändern idg. Völkern, und heute schaut man weit über diesen idg. Bezirk hinaus") bzw. a. a. O. 312 (,,Eine solche vorübergehende Füllung der Form stellt auch Herla rex bei Map dar"). Der Unterschied läuft also darauf hinaus: Nach der einen Auffassung ist der Name Herla kelt. Ursprungs und in das Engl. entlehnt, nach der anderen Auffassung6) um- gekehrt eine Entlehnung aus dem Engl. Dieser engl. > kelt. Deutung gegenüber legt Krogmann6) Gewicht darauf, dais sich das -a von Herla von me. Herle aus als Latinisierung nicht erklären lasse. Mir scheint hier Krogmann zu sehr unter dem Eindruck der Gleichung Herle- M S. 155. 2) llarl. 251 f. 3) v. Kamel a. a. O. urteilt über die Sage: een sage .. ., die kennelijk een variant is van die van Pwyll Penn Annwfn (inderdaad een koning der oudste Britten), gevolgd door een ander echt Keltisch sagemotief, dat van de terugkeer uit het feeenland en de onmiddellijke stofwording (Oisinsage). 4) S. 155f. 6) Vgl. Harl 321, 323, bes. 325. e) S. 161. Brought to you by | Ruhr-Universität Bochum Authenticated Download Date | 2/9/17 5:25 PM 62 HERMANN M. FLASDIECK, chingus = Herla rex bei Map1) zu stehen. Aber diese beiden Formen begegnen an ganz verschiedenen Stellen und können sehr wohl zeitlich verschiedene Entlehnungen aus dem Engl. repräsentieren: Herlechingus ist die jüngere Entlehnung aus dem Me., Herla die ältere aus dem Ae. Dem dürfte — das sei hier hinzugefügt — nicht im Wege stehen, dais ae. männliche Eigennamen der schwachen Flexion in latinisierter Gestalt gewöhnlich die Flexion lat. -oj-onis annehmen; das geschieht offenbar unter kontinentalgermanischem Ein- flufs.2) Der Übernahme eines ae. Herla in unveränderter Form ins Kymrische stehen keine sprachlichen Bedenken entgegen — sowohl der Stammvokal -e- wie der Auslaut- vokal -a sind der kymr. Sprache geläufig8) —, der ent- sprechenden Übernahme in das Latein Maps erst recht nicht. — Zu der auch von v. Hamel4) wieder vorgebrachten Annahme, dais Maps Herla erst künstlich aus Herleihingus (< Herlae ping) gefolgert sei, scheint mir nach wie vor kein Grund vorzuliegen.5) Nach Krogmann6) ist Maps Herla die Latinisierung einer akymr. Entsprechung zur Wurzel idg. *ser(e) „strömen, sich rasch bewegen" (vgl. lat. serum 'Molken usw.'), die im Kelt, vertreten wäre 1. durch den gall. Flufsnamen Sarnus, 2. durch air. eirim1) „mache einen Streifzug", 3. durch *8er-y0- > mir. eerb „Raub", nkymr. herw „Umherstreifen" nebst Ab- leitungen; Krogmann sieht darin ein /-Adjektiv kelt. *8er(a)lo- „unstet, umherschweifend", mit dessen Hilfe ein Nomen agentis auf *-ag%o- gebildet wäre: akymr. *herllai8) „der ruhelos Umherjagende" < idg. *$er(a)-/-agrjo-. Auffassung des appellativischen Ausdrucks als Eigenname fand statt entweder schon im Kymr. selbst oder erst bei der Übernahme ins Engl. *) Vgl. Krogmann 152. *) Vgl. T. Forssner, Continental-Germanic Personal Names in Eng- land, Dies, üppeala 1916, S. 266 und O. v. Feilitzen, The Pre-Conquest Personal Names of Domesday Book [Nomina Germanica ed. J. Sahl- gren ] üppe. 1937, S. 127. 8) Briefliche Auskunft von Wolfgang Krause. 4) a. a. O. 5) Vgl. Bari. 325. ·) S. 159ff. 7) „Nicht «trim, wie Krogmann schreibt" bemerkt Krause brieflich, der auch Sarnus nicht für sicher hält. 8) II bedeutet stimmloses l. Brought to you uploads/Litterature/ nochmals-harlekin.pdf

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