Die Sprache altbritannischer Münzlegenden 0. Bei den Münzlegenden, die hier nac

Die Sprache altbritannischer Münzlegenden 0. Bei den Münzlegenden, die hier nach der Sammlung (und Zählung1) von Mack 21964 zitiert werden, handelt es sich um das älteste genuin keltische Sprachmaterial auf britannischem Gebiet2. Von den dort aufgelisteten mehr als 470 Münz(typ)en, die uns zwischen dem 1. Jahrhundert v. Chr. und dem 1. n. Chr. erhalten sind, trägt jedoch ein großer Teil keine Legende, und aus den restlichen 260 (ab ca. 35 v. Chr.) lassen sich etwa 61 Lexeme gewinnen, von denen allerdings mindestens sieben zu bruchstückhaft sind, um auch nur Vermutungen zu erlauben3. 1. Anders als häufig in der Fachliteratur angenommen4, muß es sich nicht bei jeder Legende um einen Eigennamen handeln. So sind zum Beispiel aus den - wenn auch teilweise späten - in 1 Im folgenden werden darüber hinaus in eckigen Klammern die sonstigen Bestandteile einer Legende angegeben. Die dritte, erw. Ausgabe von Richard Paston Mack (London 1975) konnte leider nicht eingesehen werden. Zu R. D. Van Arsdell, Celtic Coinage of Britain (London 1989) s. den Nachtrag auf S. 55. 2 "Utuntur aut aere aut nummo aureo aut taleis ferreis ad certum pondus examina- tis pro nummo." B.G. V. 12, 4-5. Infolgedessen wurden die Münzlegenden als "a promising field of study" von Allen/Nash (1980:122) erachtet. Die Anregung zu dieser Zusammenstellung ver- danke ich Professor K.H. Schmidt. Ihm und Professor E. Neu danke ich außer- dem für zahlreiche Hinweise und Verbesserungen. 3 Es sind die Legenden ale (469); can (434, s. auch Mack 21964); du (94 [tin]); ed (423), wenn nicht zu edn (425B) zu stellen (dazu unten S. 41); sä (299); sca (469), d.h. auf derselben Münze wie das eingangs zitierte ale, vgl. Allen 1963:12,28 und 1970:12,28; ...nos (297). 4 Wie z. B. von Allen/Nash (1980:127) zu der gallobelgischen Legende Ateula Viatos (ibid. no.326), deren zweiter Bestandteil sicherlich das Appellativum für 'Herrscher* (Ho.III 420f.) darstellt, wie schon Fleuriot 1984:34 u. 40ff. unter- strichen hat. Vgl. auch Do: 42. Brought to you by | University of Glasgow Library Authenticated Download Date | 10/21/18 6:43 PM Die Sprache altbritannischer Münzlegenden 37 Usk (Gwent) gefundenen römischen Münzen5 u.a. folgende über Namenangaben hinausgehende Legenden bekannt (hier in grober chronologischer Reihenfolge): v[ictrix], [salutis], mone[ta], pontif maxim, [cejres augusta, [adlocut coh s c], [annona a]u[guj, s[ti] ceres, [p]a[ce p r terjra m[ariq parta] ianum clu[sit], [victjoria augusti s c, salus augusta, iovfi] victori s c, iustitia äug cos iii p p s c, fe[licita]s äug imp, uberitas äug, victoria aet, beata tranquillitas, sarmatia devicta, gloria exercitus,fel temp reparatio,felicitas reipublice (vgl. die Aufstellung bei Boon 1982:16-41). So spricht Fox (1958:138) zu Unrecht von "the unexplained TASCIORIGON group", haben wir doch in rigon, ricon(i) (184 [tascio(v)J) noch die alte britannische Entsprechung von idg. *reg's (IEW 854 ff.) in appellativischem Gebrauch6. Die Form ist aus drei Gründen bemerkenswert: a. Es handelt sich um eine on-Ableitung, einen Typ, der auch in der Namengebung besonders häufig zu sein scheint; da für den Nominativ Sing. *rigu < *rigö zu erwarten wäre, muß rigon Abkürzung für den Genitiv rigonfos] sein, was auch für den PN Tascio eine volle Form im Genitiv impliziert. Nicht eindeutig ist gelegentliches auslautendes -i (dazu unten S. 48), während der Wechsel g/c von Allen/Nash 1980:123 als rein gra- phisch eingestuft wird (s. aber unten S. 49)7. b. Das Etymon ist im Britannischen ansonsten sehr bald durch eine Vielfalt von anderen Termini ersetzt worden8. 5 Man bedenke, daß "inscribed British coinage is post-Caesar and influenced by the Imperial Roman coinage available across the Channel" (Allen/Nash 1980:129). 6 So auch Allen 1944:17; Mack 21964:61 f.u.79; Allen/Nash 1980:27; K.H. Schmidt 1990: 126 (KGPN:276 noch mit Erwägung eines Kompositums). 7 Eine petitio principii scheint in Kochs (1987a:46, ähnlich bereits 1983:202) Annahme vorzuliegen, daß der Hauptname bei tascio l riconfi) ein Nominativ sein müsse; der zweite Name wird dann als i-Genitiv zu einem *Rigonos inter- pretiert und das Ganze mit "T[asciovanos] of the Divine King1, or perhaps 'son of, 'devotee of, 'chosen of" übersetzt. Ist das oben angesetzte *rigon- bereits eine Ableitung vom Wurzelnomen kelt. *rtff-, so müßte *Rigono- bzw. *Rigomos eine weitere Ableitung davon sein. Eine mehrfache Weiterbildung des Wurzel- nomens *rig- erscheint jedoch unmotiviert, zumal dieses in den späteren insel- keltischen Sprachstufen noch bewahrt ist. 8 Vgl. etwa die ky. Herrscherbezeichnungen arglwyd, brenhin, gwledig, pendtfic, teyrn, tyuuyeog, unben. Literatur: H. M. Chadwick 1954:47; LEI A R-25 u. 80 (zu ky. rhi und rhiairi); Jenkins 1976. Zur Erhaltung in Komposition in ky. 6rvyr und Tudyr vgl. Charles Edwards 1972:117. Brought to you by | University of Glasgow Library Authenticated Download Date | 10/21/18 6:43 PM 38 P. de Bernardo Stempel c. Die Münze gehört zu den Prägungen der Catuvellauni zwi- schen 20 v. und 10 n. Chr., während dieser Stamm wie auch die Atrebates etwas später lat. rex9 verwenden: 180 epp/~calle, 5- 10 n. Chr.10; 246 tasc/cunobelinus ~n, 10-40 n. Chr. sowie 123 verica commi f/~ und analog 122, 124, 12l12. Dazu merkt Haverfield (41923:29) mit Recht an: "The word ..., REX, ist strange to the Roman coinage, and must have been employed with a real sense of its meaning". Eine Legende rix auf "ancient plated forgeries" erwähnen Allen/Haselgrove 1979:9. Zu revidieren ist auch Allen/Nash (1980:126), die "cases of possible triumviri in the legends ... Dumnol Tigirl Seno1* in Britain" vermuten. Wir würden in tigir, analog zu den bisher besprochenen Münzen, dagegen einen britannischen Beleg des keltischen Etymons *tigernos 'Herr' als Apposition sehen, vgl. air. tigern, aky. teem, abr. tiarn usw. (LEIA T-62f.), Ho. s. v. Tigir sowie -tigirni auf brit. Inschriften des 6. Jh.14. Seno könnte u.U. ein Attribut 'alt' (vielleicht i.S.v. 'der Ältere', vgl. it. U Vecchiot) darstellen (LEIA S-83f.)15. Wegen des Kontextes der Belege16 könnte es sich auch bei den im folgenden angeführten Wörtern um Appellativa han- deln, ohne daß allerdings eine etymologische Klärung immer möglich wäre: dias (188 [yir], 192 [tasc~/ver]): Mack 21964:62; ferner Allen 1967:3, der an den gall. PN Diasulos denkt. KGPN-.193 setzt 9 Allen/Nash 1980:38 u. 125 zur Verwendung im gallischen Bereich, ferner No.49 bei Fischer 1986. " Laut Allen/Nash 1980:125 "The concentration of regal inscriptions in Britain is a mark of its continuing independence after the conquest of Gaul". 10 "first time the word rex appears on a British coin" (Mack 21964:39). 11 Zu dieser Münze Fox 1958:138. 12 Dazu u.a. Besly 1987:7. Mack 21964:43. . 13 Hier Kontamination aus 461 [dumn/tigir seno] und 462 [dumnoltigir]. Nicht besonders überzeugend auch Aliens (1963:29) alternative Interpretation als "ethnic, e.g. Tigurinus or Senonis". 14 Nash-Williams 1950, No.229 Catotigimi und 33 Bivatigi[rni]'. Vgl. auch LHEB:M6f. ohne Erwähnung dieser Legende. 15 Vgl. auch die gallische Carnutermünze mit Giamilos stlnu (Allen/Nash 1980 No.372) sowie No.68 bei Fischer 1986. 16 Hingegen faßt u.a. Cunliffe (1981:36) "the appearance of additional names on the later coinage of Tasciovanus" als "representing successive partners ruling with Tasciovanus" auf. Brought to you by | University of Glasgow Library Authenticated Download Date | 10/21/18 6:43 PM Die Sprache altbritannischer Münzlegenden 39 eine Bedeutung 'Führer' für Diastu-/Diassu· an, das Schmeja 1967:277 als *de-ad-tos zu idg. *ad- 'festsetzen, ordnen' (IEW 3, 2.ad-) etymologisiert: "Kelt. *dwstos heißt dann etwa «rite ordinatus, der (nach feierlichem Brauch) besonders Einge- setzte, der (vom Gesetz) besonders Bestimmte», vielleicht auch «der besonders Geheiligte» ..., woraus sich eine Bedeutung «König» verstehen läßt." dun (313 [amminus]): Mack 21964:108; kelt. *dunom 'Burg* (IEW 263)? iobir (307 [ep], 308 [eppi com/]), wenn nicht als PN < *Ivo- ('Eibe', KGPN-.228) + (-)viro- (l. 'Mann', #GPAT:296ff.); ruiis od. rulls (190 [wr], 191, 189, 193) : Mack 21964:62; darüber hinaus Allen 1967:4 u. 1968: bes. 4 Anm.2. sego (194 [toscio], 196): kelt. *segos 'Sieg' (Ho.II, 1444; IEW 888f.), mit victoria auf römischen Münzen zu vergleichen ? Mack 21964:63, 68, 81 vermutet dagegen einen Sego[] Sohn des Tasciovanos; solidu (259 [cuno]): Mack 21964:91; Ho. II, 1604 verweist auf sol(i)duri(i) 'devoti', 'Gefolgsleute' (ibid. 1599ff.) bei den So- tiates17; volisios (463 u. 465 [dumnoco(veros)], 466 u. 467 [dumnove- (llaunos)], 468 [cartivel]): vielleicht eine -mo-Ableitung zu kelt. *voli-, ir. füll 'sanguis' (Ho. 111,442) als Epitheton? Allen (1963:29) denkt an ein Patronymikon, von welchem Namen aber? Die gelegentliche Schreibung vodisios bei No. 463 (Mack 21964:153 A.2, Allen 1963:12 Anm.9), ist eher unklar, vgl. KGPN:194 zu einem Vorvodisius (ibid.: 300, Ho. 111,448).18 Die Legende crab (371, 372; dazu Mack 21964:115 und Allen 1968a: 53f., 5719) erinnert an ir. crob 'main, patte, griffe, prise', ky. era/-, br. kraf 'prise de lütte' < *cra& (LEIA C-241). Im Falle von corio (393, 394) und duro (434 [cam]) läßt sich trotz der bekannten Etymologie - 'Heer' (Ho. 1,1126) bzw. 17 Daß dies nichts mit dem lat. solidus zu tun haben kann, ist offensichtlich, da letzterer erst seit Konstantin geprägt wurde. Zu der Konjektur als "Solidunum, the presumed name of another mint" vgl. Allen 1944:28. 18 S.a. unten S. 43 zu Voden(i)os. 19 Dieser jedoch nimmt nicht überzeugend "an abbreviated spelling of a name beginning with the common element Cara" an (1968a:54). Brought to you by | University of Glasgow Library Authenticated Download Date | 10/21/18 6:43 PM 40 P. de Bernardo Stempel 'hart; Festung' (ibid. 1383 f.) - nicht entscheiden, ob es uploads/Litterature/ zeitschrift-fr-celtische-philologie-die-sprache-altbritannischer-mnzlegenden.pdf

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