1 BORIS ALTSCHÜLER EUROPAS LETZTES GEHEIMNIS: VON ZEHN „VERSCHOLLENEN“ STÄMMEN

1 BORIS ALTSCHÜLER EUROPAS LETZTES GEHEIMNIS: VON ZEHN „VERSCHOLLENEN“ STÄMMEN ISRAELS ZU DEN EUROPÄISCHEN STAATEN Verlag Aschkenas 2 BORIS ALTSCHÜLER EUROPAS LETZTES GEHEIMNIS: VON ZEHN „VERSCHOLLENEN“ STÄMMEN ISRAELS ZU DEN EUROPÄISCHEN STAATEN Über die „japhetitische Theorie“ von Nikolaj Marr, die Ur- Matrixsprache und die ethno-lexikalischen Entwicklungen der europäischen Ethnogenese 3 Umschlagabbildung Vorderseite: Abbildung eines knieenden Bogenschützes mit Spitzmütze eines Skythen. Ausschnitt aus dem oberen Bildstreifen einer Chiusi-François-Vase, Archäologisches Museum Florenz, Italien – um 530 v. d. Z. Lektorat: Simone Peil, Iris Neu, Judith Altschüler und MEDU-Verlag, 63303 Dreieich Boris Altschüler ©2008 Alle Rechte vorbehalten Diese Publikation kam zustande mit freundlicher Unterstützung der Saarland-Sporttotto GmbH Verlag Aschkenas Berlin 2008 Druck: COD Büroservice GmbH, Druckzentrum Saarbrücken Printed in Germany Berlin Saarbrücken ISBN 978-3-9803917-6-4 4 Nikolaj Jakovlevič Marr (1865-1934) 5 Wer waren die Skythen? 1. Den etymologisch-lexikalischen Aspekt der Ethnogenese Europas, besonders der Völker Ost- und Mitteleuropas, illustriert am besten die s.g. „Japhetitische Theorie“, eine Art Matrixtheorie. Diese Theorie entwickelte der russische Linguist Nikolaj Marr (auch Nikolay Marr, 1865-1934). Er selbst nannte sie „Japhetsche Theorie“, nach dem Namen von Noahs dritten Sohn Japhet. Die nachkommenden Sprachwissenschaftler bezeichneten sie als „Japhetitische Theorie“. Die Theorie erklärt die Ethnogenese Europas, in der ein semitischer Super-Ethnos aus archaischer und antiker Zeit eine wichtige Rolle spielte. Die Bevölkerung des alten Juda, des palästinischen Südreiches, betrug am Ende der Epoche des Zweiten Jerusalemer Tempels etwa ein Zehntel der Gesamtbevölkerung des Römischen Reiches, also 7–8 Millionen Menschen.1 Man kann davon ausgehen, dass die Zahl der Israeliten der Zehn Stämme in der gesamten Ökumene mindestens zehn Mal so hoch war, also bis zu 80 Millionen Menschen im Barbaricum betrug. Das ist die notwendige Erklärung für die Verbreitung der japhetitischen kanaanitisch- hebräischen Sprache in der Alten Welt. Bereits in Bd. 1 meines Buches2 kurz erwähnt, lohnt sich eine weitere eingehende Beschäftigung mit Marrs Konzept. Nikolaj Jakovlevič Marr (1865-1934) war der Sohn eines schottischen Agronoms, den sein Schicksal in den Kaukasus verschlagen hatte, seine Mutter war georgisch- gurischer Herkunft. Die Ausbildung erhielt er auf der Fakultät für Orientalistik an der Universität St.-Petersburg, wo er ab 1900 eine Professur innehatte. Nach der Oktoberrevolution war er 1919-1934 Direktor der Akademie für die Geschichte der materiellen Kultur. Später arbeitete er am Institut für Archäologie der Akademie der Wissenschaften der UdSSR. Seine Bemühungen, die Philologie aus marxistischen Positionen zu betrachten, führten zu einem neuen Konzept der Sprachwissenschaft. Die Basis dieser Theorie bestand im Postulat über die Einheit der kreativen Sprachprozesse in allen Weltsprachen und in der Lehre von einer semitischen Ur-Weltsprache (einer Protosprache, auch Proto-Weltsprache oder Proto-World genannt). Durch diesen Begriff bezeichnet man eine gemeinsame hypothetische Vorgängersprache, von der alle Sprachen, auch alle modernen Sprachen, alle Sprachfamilien und alle toten Sprachen abgeleitet wurden. Nach den Vorstellungen der modernen Kommunikationswissenschaftler (Theorie der linguistischen Monogenesis) enstand diese Proto-Weltsprache während der Abschwächung der Eiszeit noch in Ostafrika vor dem Exodus der ersten Menschen nach Europa und Asien vor etwa 2 Millionen Jahren. Der homo sapiens sapiens erschien vor etwa 60.000-70.000 Jahren auf der Weltbühne. Vor etwa 10.000 Jahren kam es zur neolytischen agraren Revolution. Auf dem Höhepunkt der Nacheiszeit (Holozän) vor ungefähr 7.000 Jahren war Europa völlig eisfrei. Dies erleichterte seine damals noch sehr dünne Besiedlung. Die meisten europäischen Gletscher sind danach 6 wieder entstanden und sind höchstens 6.000 Jahre alt. Interessant ist, dass die jüdische Zeitdatierung sich wahrscheinlich indirekt an diesem Phänomen orientiert - sie zählt aktuell 5.769 Jahre (Ende 2008) seit der Welterschaffung. Charles Foster wies Mitte des 19. Jh. nach, dass die mesopotamischen altsemitischen Sprachen Vorgänger der Sprache Iwrit/Ivrit waren. In den 1960er Jahren war es der russisch-israelische Sprachwissenschaftler Aaron Dolgopolskij, der die Erscheinung der Nostratic-Sprache der Slawen und Europäer durch Mutationen nachwies. Später bewies er die fernasiatische Verbindung der kaukasischen Sprachen. Joseph Greenberg bewies die Ursprünge der Protosprache der Neuen Welt: Amerind. Nach zeitgenössischen Vorstellungen fand die biblische Sintflut möglicherweise am Ende der letzten Eiszeit vor etwa 12.000 Jahren statt. Erst danach teilten sich die Sprachen endgültig. Die Bibel spricht von einer solchen Teilung als Ergebnis des Turmbaus zu Babylon und der darauf folgenden Babylonischen Sprachverwirrung. Die Zahl dieser Sprachen wird in der Völkertafel (Genesis 10.1-32) in den Namen der Nachkommen Noahs aufgeführt und geographisch geordnet weitergegeben. Die jüdische Tradition spricht von 70, die christliche von 72 Sprachen. Die Söhne Noahs hießen Sem (hebr. Name oder Ruhm), Ham (Sonnenbrand) und Japhet (Ausbreitung), die ihrerseits nach der Sintflut Kinder zeugten. Die semitischen Völker befanden sich laut Überlieferung in Vorderasien, die hamitischen im Süden und die japhetitischen im Westen, Norden und Osten der damaligen Alten Welt. Durch die Tradition des Mittelalters wurden die drei Söhne Noahs mit den Kontinenten Afrika, Asien und Europa gleichgestellt. Laut der christlichen Exegese wurde die Sprachverwirrung von Babylon durch das Pfingstwunder überwunden. Nach eigenen Angaben präsentierte Marr selber 1911 seine Japhetitische Theorie der akademischen Öffentlichkeit. Gemäß weiteren Erklärungen Marrs aus dem Jahr 1917 bestehen alle Sprachen aus vier semitischen Ausruf-Elementen (Affixen) - sal-, ber-, yon- und -rosch, eigentlich aus sprachlichen Bausteinen. Marr versuchte seine Theorie aus dem Blickwinkel des Klassenkampfes zu erklären. Dies erregte die Aufmerksamkeit von Josef Stalin und so wurde Marr als höchste Autorität der Linguistik in der UdSSR angesehen. Die kritische Polemik mit Marr wurde damals noch als „schädlich“ angesehen, mit allen üblichen dramatischen Folgen der sowjetischen Wirklichkeit. Seine Ansichten in der Linguistik übten Einfluss auf die Entwicklung von Archäologie und Ethnographie in dem riesigen Land. Während seines ganzen Lebens verhielt sich Nikolaj Marr etwas merkwürdig und weigerte sich stets, ein Lexikon der „japhetschen Sprache“ oder auch nur deren ABC zu verfassen. Das führte u.a. zum Ende der sehr erfolgreichen Zusammenarbeit und der Freundschaft mit dem russisch- deutschen Philologen Fedor Aleksandrovič Braun (Friedrich Braun, 1862- 1942), der immer wieder hartnäckig von Marr forderte, ein solches Wörterbuch zu verfassen. Braun war ein herausragender Historiker, Romanist und Germanist, vergleichender Linguist und Ethnologe. Als 7 Spezialist für indoeuropäische Sprachgeschichte, besonders für die Geschichte und Sprachen der Goten, war Braun davon überzeugt, dass die Theorie von Marr für neue Auswege aus der Sackgasse, in der die Indogermanistik sich befand, sorgen konnte. Er verließ 1920 Russland, emigrierte nach Deutschland, wurde im gleichen Jahr in die Akademie der Wissenschaften von Schweden gewählt und arbeitete zuerst in Leipzig. Im selben Jahr begann seine aktive wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Marr. Trotz des massiven Drucks der sowjetischen Führung wurde Braun weiter in der Akademie der Wissenschaften der UdSSR in der Liste der Mitglieder bis 1930 geführt. Es gibt auch keine offizielle Bestätigung über seinen Ausschluss. Braun publizierte 1922 in Stuttgart in Form einer Broschüre sein eigenes marristisches Referat „Die Urbevölkerung Europas und die Herkunft der Germanen“3, die erste Publikation in der Serie „Japhetitische Studien für die Sprache und Kultur Eurasiens“ über die vor-indoeuropäische Besiedlung Eurasiens. Brauns Referat und seine Publikation waren erfolgreich. Diese Serie wurde aber mit der Übersetzung von Marrs Buch über die „Japhetitische Theorie“ durch Braun abrupt beendet.4 Der große russische Linguist verhielt sich unentschlossen und war offensichtlich nicht in der Lage bzw. vermied es, der wissenschaftlichen Öffentlichkeit die ganze Wahrheit, die Zusammenfassung seiner über 500 Publikationen zugänglich zu machen. Das Geheimnis dieses merkwürdigen Verhaltens hätte sonst sehr einfach gelüftet werden können: Es wäre im Endeffekt nichts anderes als eine weitere Ausgabe eines ausführlichen hebräisch- russischen oder hebräisch-deutschen Lexikons ans Licht gekommen! Nach dem Sieg im 2. Weltkrieg wurde in der sowjetischen Gesellschaft ein deutlicher nationalistischer Kurs angelegt. Die vielen begeisterten internationalistischen Positionen in der Sprachwissenschaft der 1920- 1930er Jahre waren jetzt nicht mehr genehm und wurden aufgegeben. Bis 1947 wurde die „Japhetitische Theorie“ von Nikolaj Marr, die das orthodoxe historische Konzept des „dazugekommenen Slawentums“ durcheinanderbrachte, an allen sowjetischen humanistischen Hochschulen gelehrt. 16 Jahre nach Marrs Tod, im Jahre 1950, trat Stalin mit einer Artikelserie über die Theorien von Marr an die Öffentlichkeit. Diese wurde später in einer Broschüre mit dem Titel „Marxismus und die Fragen der Sprachwissenschaft“ veröffentlicht. Es war die letzte Publikation des sowjetischen Diktators. 1951, während des berüchtigten Kampfes von Josef Stalin gegen die jüdisch-russische Intelligenzija, gegen den „Kosmopolitismus“, wurden der Name und die Forschungen von Nikolaj Marr, der bereits 1934 gestorben war, aus dem wissenschaftlichen Kanon getilgt. Der heutigen russischen Intelligenzija ist sein Name fast völlig unbekannt. Marr unternahm mehrere Versuche, besonders durch seine Zusammenarbeit mit Friedrich Braun, die Resultate seiner Forschungen auf die westeuropäischen Sprachen auszudehnen, aber mit dem im 20. Jh. zunehmenden Antisemitismus, Rassenwahn, Faschismus und Nationalsozialismus blieb dies chancenlos. In einem seiner Briefe an Marr beklagte sich Braun, dass nur 95 Buchexemplare der deutschen Ausgabe 8 der Publikation von Marr selbst verkauft wurden und keine einzige Rezension erschienen war.5 Auch heute beharren viele Historiker, Philologen und Onomastiker stur auf den indoeuropäischen und indogermanischen ethnolinguistischen Theorien. 2. Aus der Frühgeschichte und der Antike wissen wir ziemlich viel über die Großreiche des Altertums: die mesopotamischen Reiche des Alten Orients, das Alte Ägypten, die Altpersischen Reiche, den griechischen Städtebund, das Römische Reich, das alte Indien und das alte China. Alle diese Supermächte konnten sich an verschiedenen großen Strömen der Welt entwickeln und lagen in für den Menschen klimatisch günstigen Zonen. Nördlich dieses Zivilisationsgürtels lag das kalte Barbaricum. Als Barbaren wurden von all diesen Mächten uploads/Litterature/ europas-letztes-geheimnis-pdf.pdf

  • 32
  • 0
  • 0
Afficher les détails des licences
Licence et utilisation
Gratuit pour un usage personnel Attribution requise
Partager